Reiseinformationen - Reisen mit Kindern
Kinder
Bildquelle: Werner Schönherr
Wenn die Interessen des Kindes im Vordergrund stehen, sind Spaß und Erholung gesichert. Auch Kleinkinder haben Grundbedürfnisse und können diese meist deutlich äußern. Mit zunehmendem Alter sollten Kinder in die Reiseplanung und Vorbereitungen einbezogen werden. Probleme sind vorprogrammiert, wenn die Interessen der Erwachsenen vorherrschen und erwartet wird, dass ein Kind sich schnell anpasst oder sich bereitwillig an Kinderbetreuungen „abschieben“ lässt.
Kinder lieben das Verweilen an überschaubaren Orten und geregelte Zeitabläufe. Der Wechsel des Gewohnten und der Reisestress können bei Kindern Quengeln und Befindlichkeitsschwankungen auslösen. Sie brauchen Zeit bis sich Neugier entwickeln kann.
Von Kurzreisen in tropische Regionen und Langstreckenflügen mit Kindern unter fünf Jahren raten wir aus den folgenden Gründen ab:
- Kinder werden durch Malaria und Dengue unnötig gefährdet
- Die Temperaturregulierung ist bei Kleinkindern empfindlicher. Sie vertragen den Wechsel zwischen heiß (draußen) und kalt (im klimatisierten Hotel) weniger gut als Erwachsene
- Die kindliche Haut ist sonnenempfindlicher
- Die Steuerung des Flüssigkeitshaushalts ist anfälliger für Störungen. Kleinkinder können durch Schwitzen und Durchfälle leicht austrocknen, wenn ihnen nicht genügend Flüssigkeit angeboten wird bzw. sie nicht genügend davon aufnehmen
- Das Verhalten von Kleinkindern ist besonders in hygienisch nicht einwandfreier Umgebung riskant (krabbeln, anfassen, lutschen, an Eiswürfeln schlürfen, mit streunenden Katzen spielen, in Tümpeln baden u.a.)
- Kinder sind für manche übertragbare Erkrankungen empfänglicher als Erwachsene, Krankheiten verlaufen unter Umständen schwerer (z.B. Durchfallerkrankungen)
- Die Eingewöhnung von Kleinkindern auf eine neue Lebensumwelt ist besonders schwierig, wenn der enge Kontakt zur Bezugsperson unterbrochen wird (z.B. durch Fremdbetreuung).
Ein Kind muss sich schrittweise seine neue vertraute Umwelt schaffen und braucht dazu die Nähe, Liebe und das Verständnis der Erwachsenen. In der Eingewöhnungszeit des Kindes müssen Eltern auf „Zeit für sich“ oft weitgehend verzichten.
Bildquelle: Till Bartels
Wichtig für Kleinkinder:
- Pausen machen
- Zuwendung
- Verständnis für kindliche Interessen
- Langsame Einstellung auf Neues
Empfehlungen
- Vor der Reise sind gründliche Gesundheitsinformationen und -beratung, insbesondere beim Kinderarzt / Hausarzt, unverzichtbar. Impfungen benötigen einen gewissen Zeitvorlauf
- Buchen Sie bei Flugreisen rechtzeitig geeignete Sitzplätze (Gang für die begleitenden Erwachsenen, nahe den Toiletten mit Wickeleinrichtung)
- Bei Start und Landung können Säuglinge und Kleinkinder den Druckunterschied besser ausgleichen, wenn sie gestillt werden, selbstständig trinken oder Bonbons lutschen
- Bewegung in Flugzeug, Zug, Auto oder Bus ist gut, aber Vorsicht - nicht unbeaufsichtigt wegen Unfall- und Verletzungsgefahr
- Nehmen Sie Bücher und Spiele mit für die Fahrt. Überlegen Sie sich schon vor der Fahrt einfache Spiele, um die Reise kurzweilig zu gestalten
- Reisekrankheit kann durch Zuwendung gelindert werden. Spezielle Kaugummis und Akupressurarmbänder gegen Reisekrankheit werden im Handel vertrieben. Präparate mit dem Wirkstoff Dimenhydrinat können sehr müde machen. Für Kinder unter zehn Jahren sind Medikamente mit dem Wirkstoff Scopolamin (z.B. als Pflaster) nicht zugelassen
- Die sicherste Ernährung für einen Säugling auf Reisen ist das Stillen. Voll gestillte Kinder haben einen besseren Infektionsschutz durch die mütterlichen Antikörper, und das Infektionsrisiko bei der Nahrungsaufnahme entfällt. Flaschennahrung ist in schwierigen hygienischen Situationen immer riskant. Ab dem sechsten Le-bensmonat kann Breikost gefüttert werden
- Die Umgebung muss auf mögliche Unfallgefahren durchgesehen werden (z.B. Stacheldraht an der Hotelgrenze, wackeliges Geländer, Rattengiftköder)
- Der Wechsel von heißen Außentemperaturen und kalter Luft im klimatisierten Zimmer führt am Anfang der Reise häufig zu Erkältungs- und Atemwegserkrankungen, die den gesamten Urlaub verleiden können
- Kinder brauchen Schatten, Sonnenschutz durch luftige Bekleidung und Lotionen mit hohem Lichtschutzfaktor. Zwischen 11:00 und 15:00 Uhr sollten Kinder möglichst im Schatten oder im Haus bleiben
- Tiere sind, auch in der Hotelanlage, nicht frei von Krankheitserregern. Streicheln sollte das Kind nur bekannte Tiere unter Aufsicht und auch die nur mit nötiger Skepsis. Ein Tierbiss ist immer ein Notfall!
- Insektenschutz ist insbesondere für Kinder wichtig. Meiden Sie Orte mit hohem Mückenvorkommen. Hautbe-deckende Kleidung - vorzugsweise helle Kleidung - schützt vor stechenden Insekten. Nachts sollte das Kind unter einem Moskitonetz schlafen oder in einem Raum mit dichten Moskitofenstern. Eine Klimatisierung tags-über vertreibt Moskitos, nachts wird sie am besten aus- oder sehr niedrig gestellt. Insektenabwehrmittel müssen für Kinderhaut verträglich und möglichst ungiftig sein
- Malaria-Empfehlungen und Dosierungshinweise für Antimalaria-Wirkstoffe
DTG (2018)
Bildquelle: Till Bartels
- Badeunfälle sind bei Kindern leider sehr häufig. Durch Aufmerksamkeit der Erwachsenen lassen sie sich leicht vermeiden
- Das Auftreten von Gesundheitsstörungen wie Durchfall oder leichtes Fieber ist bei Kleinkindern im Ausland eher die Regel als die Ausnahme. Glücklicherweise klingen diese Störungen meist folgenlos ab und haben sel-ten schweren Krankheitscharakter. Aber alle Gesundheitsstörungen bei Kindern erfordern viel Zuwendung und liebevolle Betreuung. Ärztlicher Rat sollte dabei nicht erst im Notfall gesucht werden. Am besten ist es, sich gleich nach der Ankunft am Urlaubsort nach vertrauenswürdigen (Hotel-) Ärzten und deren Sprechzeiten zu erkundigen
- Beobachten Sie Ihr Kind noch genauer als sonst: D.h. geben Sie es in der Anfangszeit nicht zu viel in Fremdbetreuung. Durch eine ungewohnte Verhaltensweise oder Schmerzreaktionen weist ein Kind meist frühzeitig auf beginnende Probleme hin
- Bei auftretendem Fieber während oder nach einem Aufenthalt im Malariarisikogebiet muss umgehend medizi-nische Hilfe zur Diagnostik und ggf. Behandlung einer fraglichen Malaria in Anspruch genommen werden. Wenn kein Malariarisiko besteht und ein Arzt nicht schnell erreichbar ist, sollte die hohe Körpertemperatur gesenkt werden, um mögliche Fieberkrämpfe bei Kleinkindern zu vermeiden. Neben kühlenden Wadenwickeln (bei heißen Waden!) eignet sich dafür Paracetamol, das auch als Saft oder Tabletten zum Mörsern erhältlich ist. Zäpfchen müssen gekühlt aufbewahrt werden
- Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen, Erbrechen oder Durchfall kann schnell bedrohlich werden. Achten Sie deswegen auf eine gleich bleibende Hautelastizität, gleichmäßige Atmung und helle Urinfarbe. Ein Einsinken der weichen Stellen am Kopf (Fontanellen) deutet auf einen Flüssigkeitsmangel des Säuglings hin und erfordert dringend einen Ausgleich des Flüssigkeits- und Mineralsalzmangels (siehe Kapitel „Gesundheitsstörungen“)
- Impfungen: Vor der Reise sollte ein Kind alle altersgerechten Impfungen entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) erhalten haben: Tetanus, Diphtherie, Polio, Keuchhusten (Pertussis), Hämophilus influenzae Typ B (Hib), Hepatitis B, Meningokokken Typ C, Pneumokokken, Masern, Mumps, Röteln, Windpocken.
Weitere Impfungen kommen dann in Frage, wenn sie ärztlich begründet sind:
- Hepatitis A Totimpfstoff: Ab dem zweiten Lebensjahr möglich, sinnvoll aber vor allem ab dem sechsten bis achten Lebensjahr.
- Meningokokken ACWY Polysaccharidimpfstoff (ab dem zweiten Lebensjahr) oder Konkugatimpfstoff (ab elftem Lebensmonat)
- Tollwut Totimpfstoff. Ab dem zweiten Lebensjahr; im Verdachtsfall keine Altersbegrenzung.
- Gelbfieber Lebendimpfstoff. Ab dem siebten Lebensmonat zugelassen, bei bestehender Impfpflicht wird die Impfung meist ab 13. Lebensmonat verlangt.
- FSME Totimpfstoff. Kinderdosis ab dem vollendeten ersten Lebensjahr zugelassen; empfohlen ab drei Jahren unter strenger Indikation.
Selten indiziert:
- Typhus Totimpfstoff: ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr zugelassen. Lebendimpfstoff: zum Schlucken zwar ab dem zwölften Lebensmonat zugelassen, die Kapseln sind allerdings zum Schlucken für Kleinkinder zu groß. Risiko bei Vorsicht nicht hoch. Schutzwirkung nicht ausgeprägt.
- Cholera Lebendimpfstoff. Ab dem zweiten Lebensjahr zugelassen - extrem selten angezeigt. Risiko bei Vorsicht gering. Schutzwirkung nicht ausgeprägt (bei Reisenden nicht untersucht).
- Japan-Enzephalitis Der Impfstoff ist derzeit für eine Anwendung bei Kindern NICHT zugelassen. Betroffen sind meist Personen in ländlichen Gegenden Südasiens, die unter sehr einfachen Wohnverhältnissen leben.
Sollte das Kind vor Reiseantritt Kontakt zu kranken Kinder gehabt haben, achten Sie auf ähnliche Krankheitszeichen Ihrem Kind, welche auch etwas später auftreten können (Inkubationszeit = Zeitspanne zwischen möglicher Infektion und Krankheitsausbruch).
Bei Reisen mit chronischen Grunderkrankungen oder Behinderungen, sollte die Familie auf Notfälle vorbereitet sein.
Das Wichtigste:
- Ein gesundes Kleinkind ist meist fröhlich - abhängig vom Verhalten des nächsten Erwachsenen. Dieser (ob Frau oder Mann) kann sich selbst am besten erholen, wenn es dem Kind gut geht.
- Die Bedürfnisse des Kindes haben deshalb Vorrang vor den Interessen der Erwachsenen.
Langzeitaufenthalte mit Kindern in den Tropen
Kleine Kinder von Europäern, die lange Zeit im Ausland leben, erkranken nicht häufiger als Erwachsene. Sie leiden jedoch häufig an Gesundheitsstörungen wie Fieber oder Hautausschlägen. Daher sind Eltern ohne erreichbaren Kinderarzt oft stark ge- und manchmal auch überfordert. Eine medikamentöse Malariaprophylaxe ist bei Kindern schon im Kleinkindalter möglich. Die Eltern müssen im Ausland Aufgaben übernehmen, die in Deutschland von Haus- oder Kinderärzten wahrgenommen werden. Die Mitnahme eines kinderärztlichen Ratgebers ist deshalb empfehlenswert.
Weitere Artikel:
MG, SH, 20.08.2018