Reiseinformationen - Hepatitis C in Ägypten


Hepatitis C in Ägypten

In keinem anderen Land der Region oder überhaupt einem anderen Land mit vergleichbaren sozioökonomischen Bedingungen findet sich ein so hoher Anteil von Hepatitis C-Fällen in der Bevölkerung wie in Ägypten. Etwa 20% der freiwilligen Blutspender dort werden abgelehnt, weil Hepatitis C-Antikörper im Blut vorhanden sind. Molekularbiologische Analysen zeigen, dass etwa 90 Prozent der in Ägypten zirkulierenden Hepatitis C Viren (HCV) dem gleichen Untertyp (HCV-4) angehören.

Die Viren können zwar auch „stumm“ im Körper verbleiben, oft führen sie jedoch zu einer chronischen Leberentzündung mit bindegewebiger Umwandlung des Organs (Zirrhose) und einem deutlich erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Leberkrebses. Gesundheitliche Probleme ergeben sich nicht nur durch eine Erkrankung der Leber, auch Nierenschäden sind bei HCV-Infizierten nicht selten.

 

Alltag der Patienten
Hepatitis C-Patienten in Ägypten sind im Alltag zahlreichen Benachteiligungen ausgesetzt. Bei Einstellungsuntersuchungen werden Arbeitnehmer auf Hepatitis C getestet. Eine Anstellung kommt bei positiv Getesteten in der Regel nicht in Frage. Auch besteht für Hepatitis C-Patienten kaum die Möglichkeit zu bezahlbaren Konditionen eine Krankenversicherung abzuschließen.
Innerhalb der ägyptischen Familien wird darauf geachtet, dass keine HCV-Infizierten einheiraten, weswegen die Patienten oft keinen Ehepartner finden. Erhebliche Nachteile entstehen zusätzlich dadurch, dass sich die Behandlung der Hepatitis C teuer und langwierig gestaltet. Auf dem Markt zirkulieren viele Medikamentenfälschungen, die professionell vertrieben und z.T. aggressiv über die Laienpresse vermarktet werden.

 

Hepatitis C und der Nil
Erstaunlicherweise findet sich keine einheitliche geographische Verteilung der Erkrankung. Kaum findet sich die Hepatitis C in den Wüstengebieten. Die Großstädte sind wiederum seltener betroffen als die ländlichen Gebiete. Am höchsten ist die Durchseuchung im Bereich des mittleren und unteren Nils. Epidemiologen stellten sich daher die Frage: Was hat der Nil mit dem Vorkommen der Hepatitis C zu tun?

Ein direkter Zusammenhang ist zunächst nicht ersichtlich. HCV wird insbesondere durch Blutkontakte, seltener auch durch Geschlechtsverkehr übertragen. Neben dem direkten Kontakt mit Blut ist vor allem die Verwendung mehrfach benutzter Kanülen ein häufiger Übertragungsweg für den Erreger. Verunreinigtes Flusswasser oder einfache hygienische Verhältnisse können hingegen das massenhafte Auftreten von Hepatitis C nicht erklären. Welche Rolle spielt also der Nil?

 

Bildquelle: Werner Schönherr

 

Bilharziose
Zunächst existiert eine Erkrankung, die tatsächlich etwas mit dem Nil zu tun hat, nämlich die Bilharziose. Die Erreger der Bilharziose finden sich in Regionen, die regelmäßig von Nilwasser überflutet werden, und in denen sich dann Teiche und Tümpel  bilden. Bei Bilharziose handelt sich um Pärchenegel (Schistosomen), deren Larven die Haut von Badenden durchdringen und je nach Erregertyp vor allem den Darm oder die Blase befallen. Schwere chronische Entzündungen sind die Folge.

Bereits im Altertum fand sich die Bilharziose in den besiedelten Nilgebieten. Eine Therapie der Erkrankung wurde erst 1918 möglich. Der Tropenarzt J.B. Christopherson behandelte Bilharziosefälle erfolgreich mit Injektion von Antimontartrat („Brechweinstein“)-Lösung. Seit den 1920´er Jahren führte Ägypten Massenbehandlungen mit Antimontartrat durch.

Die Therapie beinhaltete umfangreiche Injektionen, jeder Patient benötigte insgesamt 12- 16 intravenöse Spritzen. In den ländlichen Gebieten erhielten manche Ägypter sogar mehrmals einen kompletten Behandlungszyklus. Im Rahmen der Programme zu Massenbehandlungen wurden Kanülen und Spritzen oft nicht ausreichend sterilisiert. Teilweise wurde auf eine Reinigung und Sterilisation auch ganz verzichtet. Die Folge war der größte durch medizinische Maßnahmen, bzw. durch Ärzte (also „iatrogen“) verursachte, Ausbruch einer Infektionskrankheit, der je beschrieben wurde.

 

Empfehlung für Reisende
Reisende müssen davon ausgehen, dass medizinische Eingriffe im außereuropäischen Ausland, selbst kleine Maßnahmen wie Spritzen, Blutentnahmen oder Infusionen, nicht unter den gleichen hygienischen Standards durchgeführt werden wie in Deutschland.

Ein Impfschutz gegen Hepatitis B kann – besonders bei längeren Aufenthalten oder bei chronisch Kranken – durchaus sinnvoll sein, bietet aber weder einen Schutz vor einer Hepatitis C noch vor HIV. Daher ist es sinnvoll, möglichst strikt darauf zu achten, dass sterile einmalverpackte Materialien verwendet werden und auf unnötige Eingriffe ganz zu verzichten. Die Mitnahme von Spritzen und Kanülen aus Deutschland ist nicht zu empfehlen, da dies zu Problemen bei der Zollabfertigung führen kann.

 

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Quelle

MG, 12.09.2018



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