Reiseinformationen - Medikamente: Marcumar und Malaria


Reisen mit verminderter Blutgerinnung (unter MarcumarTM-Therapie)

Alltagserfahrung
Plötzlich ist es passiert, ein kleiner Schnitt mit dem Küchenmesser oder eine falsche Bewegung mit dem Schraubenzieher... ein stechender Schmerz. Einige Blutstropfen fallen zu Boden. Doch nach dem ersten Schreck und dem Auflegen eines Pflasters ist meist alles wieder in Ordnung. Hinter dieser Alltagserfahrung steht ein komplizierter und dabei hocheffizienter biologischer Mechanismus. Eine erste Blutstillung ergibt sich nach einem Schnitt bereits durch ein reflexartiges Zusammenziehen der Gefäßenden. Unabhängig hiervon kommt es zu einem „Zusammenkleben“ der Blutplättchen (Thrombozyten). Die dritte Stufe besteht in der Bildung von Fibrin, einem Eiweiß, das zum eigentlichen „Festwerden“ bzw. Gerinnen des Blutes führt. Durch die Effektivität des Fibrins als „Gewebeklebstoff“ bleibt die Blutstillung selbst dann noch weitgehend intakt wenn Medikamente (z.B. Acetylsalicylsäure, ASS) zur Hemmung der Blutplättchenfunktion eingesetzt werden.
Im Falle einer verminderten Blutgerinnung auf der Ebene des Fibrins, können jedoch bereits Bagatellverletzungen zu bedrohlichen Blutungen führen. Nicht nur Personen mit angeborenen Leiden oder Erkrankungen der Blutbildung, sondern auch Patienten mit Herz- oder Gefäßleiden können betroffen sein. Eine milde Hemmung der Blutgerinnung bei Koronarer Herzkrankheit oder nach Herzinfarkt kann mit ASS erreicht werden. Bei bestimmten Herzrhythmusstörungen oder nach Operationen mit Verwendung von Fremdmaterial (Gefäßersatz oder künstlichen Herzklappen) und dem damit verbundenen hohen Risiko einer unerwünschten Blutgerinnung im Kreislaufsystem kommen starke „blutverdünnende” Medikamente, zum Beispiel MarcumarTM, zum Einsatz.

Reisetauglichkeit und Reiseziele
Meist sind Patienten mit verminderter Blutgerinnung so erfahren im Umgang mit ihrem Leiden, dass auch Urlaubsreisen kein Problem sind. In die Reiseplanung kann von Anfang an Ihr behandelnder Arzt sowie ein erfahrener Reisemediziner einbezogen werden. Bereits bei der Auswahl eines Fernreiseziels sind mehrere Punkte zu berücksichtigen:

Vorbereitung auf die Reise
Die empfohlene reisemedizinische Beratung bietet auch eine gute Gelegenheit, den vorhandenen Impfschutz zu überprüfen und ggf. aufzufrischen. Dies beinhaltet auch die Durchführung von Reiseimpfungen. Zahlreiche Impfstoffe können mit nur minimalem Blutungsrisiko subkutan (unter die Haut) gespritzt werden. Jedoch auch Impfungen in den Muskel sind bei geeigneter Impfstelle (Oberarm, in Schulterhöhe), sorgfältiger Injektionstechnik und ausreichend langer Kompression möglich. Eine verlängerte Phase der Nachbeobachtung (halbe Stunde bis Stunde) sollte in jedem Fall eingeplant werden.

Während der Reise
Besonders für den Fall medizinischer Notfälle, muss stets erkennbar sein, dass ein Patient Gerinnungshemmer einnimmt. Hierfür dient der „MarcumarTM-Pass“. Dieses Dokument enthält die aktuellen Gerinnungswerte (Quick oder INR) sowie die aktuell verordnete Dosierung. Auch der Zielwert, der bei dem Patienten angestrebt wird, ist enthalten.
Da Quickwerte nur schwer miteinander vergleichbar sind, gibt es eine methodenunabhängige Messeinheit der Weltgesundheitsorganisation: „International Normalized Ratio” (INR). Der Zielbereich des INR-Werts liegt i. Allg. zwischen 2,5 und 3,5. Für Reisende ist zu empfehlen, einen mehrsprachiger „MarcumarTM-Pass“ sowie eine oder mehrere Kopien mitzuführen. Ergänzend hierzu: ein mindestens zweisprachiges ärztliches Attest über die vorliegende Gesundheitsstörung. Zusätzlich kann eine mithilfe des behandelnden Arztes zusammengestellte Liste der „erlaubten” (z.B. Paracetamol) und „verbotenen” (z.B. Aspirin, Diclofenac) Medikamente beigelegt werden. Der gesamte Bedarf an MarcumarTM sollte im Handgepäck mitgeführt werden. Der Medikamentenvorrat sollte so bemessen sein, dass man nicht auf Medikamente im Ausland (Risiko: Medikamentenfälschungen) angewiesen ist. Eine Alternative zum Besuch der nächsten Privatklinik am Urlaubsort zwecks Gerinnungskontrolle ist das Mitführen eines elektronischen Gerinnungsmessers. Nicht vergessen: eine ausreichende Zahl von Teststreifen, Ersatzbatterien und eine Zollerklärung (oft vom Hersteller zu beziehen).

Am Urlaubsort
Die gewohnte Einnahmezeit der MarcumarTM-Tabletten sollte beibehalten werden.
Änderungen der Ernährung (mehr Salat), Bewegung, alkoholische Getränke, „Montezumas Rache”, Klimaumstellung sowie der Wechsel zwischen Reisestress und totaler Entspannung können dazu führen, dass es zu Schwankungen des INR-Wertes kommt. Daher sollte die Blutgerinnung anfangs engmaschig kontrolliert werden. In der Regel reichen drei Bestimmungen in der ersten Woche aus. Für eine Anpassung der Dosierung genügt oft bereits eine Vierteltablette mehr oder weniger. Die Teststreifen und Kontrollsubstanzen sollten während des Hotelaufenthaltes bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden. Die Tests selber möglichst nicht bei zu hoher Luftfeuchtigkeit durchführen. Da unter therapeutischer Dosierung von MarcumarTM stets ein erhöhtes Blutungsrisiko besteht, ist es sinnvoll bewusst alles zu tun, um mögliche Unfallrisiken im Straßenverkehr, beim Sport, am Strand und beim Baden zu vermeiden. Kommt es doch einmal zu Wunden oder einem stumpfen Trauma, ist eine ärztliche Versorgung und ggf. Überwachung sinnvoll.


Aktuelle Hinweise der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG - 2018)

Demgegenüber existieren für Antikoagulatien neuerer Generation deutlich weniger Erfahrungswerte. Die DTG schreibt:


Fazit
Vor, während und nach der Reise sollte umsichtig geplant und in allen Zweifelsfällen stets ärztlicher Rat gesucht werden. Dies ist die beste Grundlage für erholsames und genussvolles Reisen.

Literatur
Loefler I. Mefloquine and anticoagulant interaction. J Travel Med 2003; 10: 194-5.  

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RMZ, 16.08.2018



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