Fachinformationen - Venen, Gerinnung, Thrombose
Venen und Gerinnung
Bei allen Reisearten, ob Flug, Bus, Zug, kann das Risiko einer Thrombose erhöht sein. Dieses Risiko ist von Person zu person sehr unterschiedlich.
Auf der Basis einer Analyse von 14 Studien wurde geschätzt, dass Reisen mit einem etwa dreifach erhöhten Thromboserisiko verbunden sind, und dieses Risiko steigt um 18% pro zwei Stunden Reisezeit (Chandra 2009). Diese Ergebnisse decken sich in etwa mit den Beobachtungen anderer Studien, die ebenfalls eine Zunahme des Risikos bei Flugreisen beobachteten und zusätzlich einen Zusammenhang mit der Häufigkeit der Reisen beobachteten (Kuipers 2007).
Direkte Ursachen für die Entwicklung von Blutgerinnseln ist u.a. eine Verlangsamung oder Behinderung des Blutflusses, durch:
- Bewegungsmangel und Einschränkung in engen Sitzreihen (sog. „Economy-Class-Syndrom“)
- Flüssigkeitsverluste durch harntreibende Getränke und Lufttrockenheit
Die folgenden Faktoren können das Risiko für eine Thrombose erhöhen:
- Übergewicht
- Rauchen
- Hohes Lebensalter
- Körpergröße > 1.90 m oder < 1.60 m
- Orale Empfängnisverhütung
- Schwangerschaft
- Kurz zurückliegende Operationen
- Herzschwäche
- Krebserkrankungen
- Beingipsverbände
- Störungen in der Blutgerinnung (erworben, angeboren, familiär gehäuft).
Ein Aussetzen der Muskelpumpe in den Beinen durch langes Liegen oder Sitzen (unter beengten Bedingungen) führt zur Hemmung der Rückflussgeschwindigkeit des Blutes in den Venen. Die starke Lufttrockenheit auf Langstreckenflügen bzw. eine verminderte Trinkmenge, um eventuelle Toilettengänge zu vermeiden, kann durch Flüssigkeitsverluste zur Eindickung des Blutes führen und zusätzlich gefährden. Kaffee, Tee und Alkohol können Wasser aus dem Körper schwemmen und sollten daher während des Fluges gemieden werden. Wichtig ist vor allem eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Verzicht auf Alkohol. Wiederholtes Aufstehen, Herumgehen und rhythmisches Anspannen und Lockerlassen der Beinmuskulatur beugt (neben individuell angepassten Reisestrümpfen) einer Thrombose vor.
Studien zeigten, dass das Risiko für eine Reisethrombose während kurzer Flüge sehr gering ist. Erst ab einer Flugdauer von mindestens sechs bis acht Stunden konnte ein statistisch erhöhtes Risiko nachgewiesen werden. Dies gilt vor allem bei Langstreckenflügen in Verbindung mit einem oder mehreren Risikofaktoren.
So beugen Sie Stauungsproblemen vor:
- Lockern beengender Kleidung
- Ausziehen der Schuhe
- Von Zeit zu Zeit aufstehen
- Auf dem Gang gehen (zur Toilette gehen)
- Tragen angepasster Thromboseprophylaxestrümpfen bei erhöhten Risiken
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr, ohne harntreibende Zusatzstoffe (Koffein, Alkohol)
- Regelmäßig Übungen im Sitzen, die Becken und Beine einbeziehen: Aufmerksamkeitslenkung, Spüren (Sensibilitätstraining), Anspannen-Lockerlassen, Drehen u.a.:
Hinweise:
- Rauchen und ggf. gleichzeitige Einahme von Hormonpräparaten ("Pille") erhöhen das Thromboserisiko um ein Vielfaches! Rauchende Frauen sollten sich über ander Empfängins verhütungsmethoden informieren oder besser: das Rauchen einstellen.
- Herz-Kreislauf-Erkrankte, oder Personen mit schweren Grunderkrankungen (z.B. Tumorleiden), Neigung zur „Blutverdickung“ und Personen, die schon einmal eine Thrombose oder Lungenembolie erlitten haben, sind besonders gefährdet. Empfehlung:
- Tragen von fachkundig angepassten Antithrombosestrümpfen. Die Cochrane Collaboration hat 2010 (s.u.) festgestellt, dass „Anti-embolism stockings“ das Risiko einer Thrombose verringern. Die untersuchten Leitlinien bezeichnen MTPS als risikoarm, preisgünstig und wirksam.
- Erlernen von entspannter Bewegung im Sitzen (s.o.).
- Ggf zusätzlich, nach ärztlicher Verordnung in Einzelfällen: Antithrombosespritze (zB. Clexane®, 1 mg/KG) vor dem Flug- oder der Fahrt
- Keine Anwendung von Aspirin (ASS): Kein kein Effekt hinsichtlich der Häufigkeit von tiefen Bein- oder Beckenvenenthrombosen.
- Busreise: hier besteht Möglichkeit, „aus dringenden Gründen“ den Fahrer hin und wieder zu einer kurzen Extra-Pause zu überreden.
- Längerer Höhenaufenthalt: hier kommt es zu einer Vermehrung der roten Blutkörperchen. Dadurch wird das Blut dickflüssiger. Die langsamere Fließgeschwindigkeit erhöht das Risiko für Erfrierungen an Fingern und Zehen sowie für Thrombosen. Deshalb sollten Sie mehrere Liter Flüssigkeit pro Tag trinken und Salzverluste ersetzen.
- Schwangerschaft: längeres Sitzen und Bewegungsmangel behindern den Blutkreislauf und begünstigen Thrombosen. Stehen Sie öfters auf und bewegen Sie sich. Ab der 30. Schwangerschaftswoche kann räumliche Enge (Sitz, Gang und Toilette) zum Problem werden.
- Übergewicht: Möglicherweise besteht ein erhöhtes Thromboserisiko auf Langstreckenflügen. Ob besondere Vorsorgemaßnahmen erforderlich sind, sollte mit dem Hausarzt besprochen werden.
Literatur:
- Chandra D et al.:, Meta-analysis: travel and risk for venous thromboembolism.Ann Intern Med. 2009 Aug 4;151(3):180-90
- Kuipers S: The Absolute Risk of Venous Thrombosis after Air Travel: A Cohort Study of 8,755 Employees of International Organisations, PLoS 2007, Epub & Free Pdf
- Philbrick JT, Shumate R, Siadaty MS, Becker DM. Air travel and venous thromboembolism: a systematic review. J Gen Intern Med 2007; 22: 1007-14.
- Gentz: State-of-the-Art: Thromboseprophylaxe 2011, erschienen im MK9/11, S. 8-9, GIT Verlag; URL: www.management-krankenhaus.de
- Cochrane
HEF, 23.05.2018