Reiseinformationen - Das Neue Coronavirus (MERS-CoV)
Das Neue Coronavirus
Seit dem SARS-Ausbruch hat die internationale Gemeinschaft der Virologen ein Auge auf die Familie der Coronaviren. Weitere unangenehme Überraschungen erschienen nicht ausgeschlossen.
Rund 10 Jahre später – am 13. Juni 2012 – wurde in Saudi-Arabien ein 60-jähriger Mann in das Krankenhaus der Hafenstadt Jeddah eingeliefert. Der Patient litt seit sieben Tagen an Husten, Fieber und Kurzatmigkeit. Elf Tage nach der Krankenhauseinweisung verstarb er an Lungen- und Nierenversagen. Am 20. September 2012 wurde das "Middle East respiratory syndrome coronavirus" (MERS-CoV) erstmals nachgewiesen.
Bald wurden weitere Erregernachweise gemeldet.
Aktueller Stand
Von April 2012 bis Januar 2020 erfasste die Weltgesundheitsorganisation weltweit 2.519 bestätigte Infektionen mit 866 Todesfällen, wobei 2.121 Infektionen mit 788 Todesfällen auf Saudi-Arabien entfielen. (ProMED 19.02.) Insgesamt 27 Länder sind bzw. waren betroffen. Die Erkrankungen traten auf vor allem in Saudi-Arabien sowie in Katar, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, vereinzelt im Iran oder im Zusammenhang mit vorangegangenen Aufenthalten in diesen Ländern. Abnahme der Erkrankungsaktivität in Saudi-Arabien, jedoch auf niedrigerem Niveau finden sich weiterhin regelmäßig Erkrankungen. Insgesamt 27 Länder sind bzw. waren betroffen. Die Erkrankungen traten auf vor allem in Saudi-Arabien sowie in Katar, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, vereinzelt im Iran oder im Zusammenhang mit vorangegangenen Aufenthalten in diesen Ländern. Abnahme der Erkrankungsaktivität in Saudi-Arabien, jedoch auf niedrigerem Niveau finden sich weiterhin regelmäßig Erkrankungen.
- Saudi Arabien: MERS, seit April 2012 wurden in Saudi- Arabien mehr als 2090 Erkrankungen mit 776 Todesfällen verzeichnet. (WHO 13.11.) Es werden seit längerer Zeit auf relativ niedrigem Niveau, aber kontinuierlich, Neuinfektionen registriert. Die letzten vier Fälle wurden aus folgenden Gegenden gemeldet: Bisha city (Bisha [Asir] Region), Riad City (Riad Region, n=2) und Jeddah (Makkah Region). (ProMED 13.11.) Im November 2019 wurden in Saudi-Arabien zwölf labordiagnostisch-bestätigte Infektionen registriert. Diese neuen Fälle fanden sich in den folgenden Regionen: Riad (n=7), Al Madinah (n=2), Makkah (n=2) und Al Qasim (n=1). Fünf der Patienten haben sich mutmaßlich über den Kontakt zu infizierten Dromedaren angesteckt. (ProMED 01.12.) Innerhalb von fünf Tagen wurden insgesamt zwei neue bestätigte Fälle aus Wadi Aldwasier (Riad Region) und Najram City (Najram Region) gemeldet. Seit Februar 2020 wurden landesweit insgesamt acht Fälle registriert. Betroffene Regionen: Ash Shaqiyah (3 Fälle), Al Jawf, Riad und Najram. (ProMED 19.02.)
- Der größte Teil der Infektionen - auf dem Höhepunkt des Ausbruchs- dürfte auf den engen Kontakt mit Infizierten (im Krankenhaus oder innerhalb der Familie) zurückzuführen sein. Dies stellt teils auch weiterhin ein reales Risiko für medizinisches Personal auf Intensivstationen dar. Beispielsweise in Fällen in denen die bestehende Luftnot eines Patienten auf dessen Grunderkrankung zurückgeführt wird, die Infektion übersehen wird und folglich Schutzmaßnahmen unterbleiben ("Superspreader"). Desweiteren schließen Experten die Zirkulation des Erregers innerhalb der gesunden Bevölkerung nicht aus. Das Übertragungspotential des Erregers bei Kontakten mit Dromedaren wurde nach Studienlage zunächst als gering eingestuft. Wobei in jüngerer Zeit ein größerer Teil der sporadischen Einzelfallmeldungen eine Assoziation zu Dromedaren aufzuweisen scheint. (WHO, MOH, ProMED, EMRO/WHO, ECDC, CIDRAP)
- Als Risikofaktoren für das Auftreten von MERS, insbesondere für schwerere Krankheitsverläufe, fanden sich chronische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz und Koronare Herzkrankheit. Siehe: Alanazi KH, Abedi GR, Midgley CM, Alkhamis A, Alsaqer T, Almoaddi A, et al.:
Diabetes Mellitus, Hypertension, and Death among 32 Patients with MERS-CoV Infection,
Saudi Arabia. Emerg Infect Dis. 2020; 26(1): 166-168. https://dx.doi.org/10.3201/eid2601.190952, verfügbar unter
LINK - In zahlreichen Provinzen Saudi Arabiens muss mit sporadischen Fällen gerechnet werden. Der größte Teil der Infektionen - auf dem Höhepunkt des Ausbruchs- dürfte auf den engen Kontakt mit Infizierten (im Krankenhaus oder innerhalb der Familie) zurückzuführen sein. Dies stellt teils auch weiterhin ein reales Risiko für medizinisches Personal auf Intensivstationen dar. Beispielsweise in Fällen in denen die bestehende Luftnot eines Patienten auf dessen Grunderkrankung zurückgeführt wird, die Infektion übersehen wird und folglich Schutzmaßnahmen unterbleiben ("Superspreader"). Desweiteren schließen Experten die Zirkulation des Erregers innerhalb der gesunden Bevölkerung nicht aus. Das Übertragungspotential des Erregers bei Kontakten mit Dromedaren wurde nach Studienlage zunächst als gering eingestuft. Wobei in jüngerer Zeit ein größerer Teil der sporadischen Einzelfallmeldungen eine Assoziation zu Dromedaren aufzuweisen scheint. (WHO 01.11., MOH 11.10., ProMED 13.10., EMRO/WHO, ECDC, CIDRAP)
- Vereinigte Arabische Emirate: MERS, mit einer neuen Fallmeldung aus Al Ain City, Abu Dhabi Region, liegt die Zahl der seit 2012 landesweit diagnostizierten Fälle inzwischen bei 89 Erkrankungen mit 12 Todesfällen. Bei dem aktuell gemeldeten Fall handelt es sich um einen 74-jährigen Mann, der enge Kontakte zu Dromedaren und Schafen aufwies. (WHO 08.01.)
- Katar: MERS, es wurden kürzlich drei bestätigte Fälle von Infektion mit dem Erreger MERS-CoV gemeldet. Bei dem ersten Fall handelt es sich um eine inzwischen verstorbene 67-jährige Frau aus Doha, die an Fieber, Husten, Kurzatmigkeit und Kopfschmerzen litt. Anamnestisch fanden sich bei ihr weder Reiseaktivitäten, noch Kontakte zu Dromedaren. Bei den beiden anderen Fällen handelt es sich um asymptomatische Kontaktpersonen der Patientin.
(WHO 26.12.) - Marokko: MERS, im Rahmen seroepidemiologischer Untersuchungen in Marokko fanden sich Antikörper gegen MERS-CoV, den Erreger des "Middle East Respiratory Syndrome", bei 0,5 Prozent der Normalbevölkerung und 1,5 Prozent der untersuchten Arbeiter in Schlachthäusern. (Eurosurveillance 28.11.)
- Oman: MERS (engl. "Middle East Respiratory Syndrome"), insgesamt ist der Oman eines der weniger stark betroffenen Länder der arabischen Halbinsel. (Gulf Business 22.02.). Im November 2017 gab es einen Fall und im Februar dieses Jahres einen zweiten Fall. Dieser Patient war nicht verreist und nicht in Kontakt mit anderen Erkrankten. Er war lokal für eine Kamelherde verantwortlich. Neue Fälle sind daher nicht auszuschließen. Es sollte unnötige Kontakte mit Kamelen und insbesondere den Verzehr von (nicht ausreichend erhitzten) Dromedarfleisch und roher Milch von Dromedaren verzichtet werden. (ProMED 14.03.2018). Seit Anfang 2019 wurden 13 neue Erkrankungen, mit mindestens vier Todesfällen, registriert. Betroffen sind die Gegenden von North Batinah und South Sharquia.seit Anfang 2019 wurden 13 neue Erkrankungen, mit mindestens vier Todesfällen, registriert. Betroffen sind die Gegenden von North Batinah und South Sharquia. Erstmalig war ein Fall von MERS in Oman im Jahr 2013 nachgewiesen worden, seitdem wurden im Land insgesamt 24 Erkrankungen mit sieben Todesfällen verzeichnet. (ProMED 04.03.)
- China: MERS, Hinweis des Auswärtigen Amts: "... im November 2018 ist MERS-CoV in einem Fall in China (Provinz Guangdong) aufgetreten. Hierbei handelte es sich um einen aus Korea eingereisten Infizierten, der über Hongkong und Shenzhen nach Huizhou reiste. Der Patient wurde medizinisch behandelt, mehr als 30 Menschen wurden in Quarantäne genommen, weitere Infektionen wurden nicht berichtet. Das Gesundheitsministerium in Hongkong hat hinsichtlich MERS-CoV ein erhöhtes Alert Response Level aktiviert. Jeder Reisende, der am Baiyun Flughafen in Hongkong einreist, wird gezielt mit der Wärmekamera untersucht. Weitere Informationen und eine aktuelle Risikobewertung bietet das Robert-Koch-Institut..." (06.03.)
- Kenia: MERS, zwischen März 2017 und Juni 2018 wurden landesweit (in zehn Counties) 486 Serumproben gesammelt und auf das Vorhandensein von spezifischen Antikörpern gegen den Erreger getestet. Mehr als 95 Prozent der Probanden gaben an, regelmäßig Kontakt mit Nutzvieh, inkl. Kamelen, zu haben. Bei 20 der 486 untersuchten Proben fanden sich Antikörper, die auf eine durchgemachte Infektion hindeuten. Seropositive Probanden fanden sich in den West Pokot (n=8), Tana River (n=5), Garissa (n=4), Wajir (n=2) und Isiolo (n=1). (ProMED 05.01.)
- Kuwait: MERS, ein Erkrankungsfall wurde von Kuwait nach Südkorea importiert. Der 61-jährige Südkoreaner hatte zuvor in Kuwait aufgrund einer Darminfektion eine Klinik in Mangaf aufgesucht. Hier erfolgte mutmaßlich die Ansteckung mit dem MERS-Erreger (MERS-CoV). (WHO 12.09.)
Ein Beitrag vom Juli 2016 im Ärztenetzwerk DocCheck beleuchtet das erhöhte Infektionsrisiko für andere Patienten und Klinikpersonal in solchen Krankenhäusern, deren Notaufnahmen nicht auf den Ernstfall vorbereitet sind.
In Saudi-Arabien durchgeführte Querschnittsuntersuchungen zeigten ein bei Kamelzüchtern und Arbeitern in Schlachtbetrieben 15- bzw. 23-fach häufigeres Auftreten von Antikörpern als bei der Normalbevölkerung. Dies deutet auf eine größere Verbreitung des Erregers hin als zunächst angenommen, jedoch auch darauf, dass der größte Teil der Infektionen asyptomatisch verläuft oder zumindest nur mit geringen, vorübergehenden Beschwerden verbunden ist. (Müller et al. 2015) Zumindest als Resservoir für den Erreger spielen Dromedare allem Anschein nach eine relevante Rolle, zumal die Tiere selbst meist keine auffälligen Krankheitszeichen entwickeln und angesichts der Tatsache, dass auch weiterhin kein Impfstoff zum Einsatz bei Dromedaren zur Verfügung steht. (ProMED 14.09.)
LESETIPPS:
Krankheitszeichen
Ähnlich wie bei SARS stehen auf bei Infektionen mit MERS-CoV Fieber, Husten und Kurzatmigkeit im Vordergrund. Im weiteren Verlauf kann sich schnell eine schwere Lungenentzündung sowie ein Nierenversagen entwickeln. Es wäre auch vorstellbar, dass die Infektion häufig nur mit milden Atemwegssymptomen einhergeht, diese milden Verläufe aber unentdeckt bleiben. Inzwischen wurden bereits eine Reihe von asymptomatischen Infektionen registriert. Auffällig ist, dass bisher nur Infektionen bei Erwachsenen beobachtet wurden.
Übertragung
Weiterhin ist der Übertragungsweg des Erregers sowie die Ansteckungsquelle unklar. Ähnlich wie bei SARS könnte der Erreger von einem Tier auf den Menschen übergesprungen sein. Fledermäuse kämen als natürliches Reservoir in Betracht. Diese Hypothese wird gestützt durch die Tatsache, dass ein sehr ähnliches Coronavirus bereits früher schon in Fledermäusen nachgewiesen wurde. Inzwischen wurde der Erreger in Fledermäusen der Art Taphozous perforatus nachgewiesen. Selbst wenn Taphozous perforatus das Reservoir für den Erreger darstellt, muss die Ansteckung nicht direkt über Kontakt mit Fledermäusen erfolgt sein. Ähnlich wie bei SARS könnte die Ansteckung auch über ein anderes Tier erfolgen, das wie der Larvenroller als Zwischenwirt fungiert. Es wurden Infektionen mit dem Erreger auch bei Dromedaren nachgewiesen. In einem aktuellen Fall zeigte das Tier sogar Krankheitszeichen. (Cidrap 11.11.13, Cidrap 12.11.13) Neuere Studien stützen die Hypothese derzufolge Dromedare eine relevante Rolle bei der Übertragung des Erregers spielen. (Eurosurveillance 21.04.14, Müller et al. 2015) Eine direkte Übertragung von Mensch-zu-Mensch erscheint ebenfalls möglich zu sein, zumal Fallhäufungen innerhalb von Familien und im Umfeld von künstlich beatmeten Patienten beobachtet wurden. Wäre dies der Fall, so dürfte die Ansteckungsgefahr bei direktem Kontakt mit dem Patienten jedoch nur sehr gering sein. Am wahrscheinlichsten wäre eine Übertragung des Erregers durch Tröpfcheninfektion über sehr kurze Distanzen. (Cidrap 19.05.14) Neuere Erhebungen in Saudi-Arabien zeigten, dass mehr als 70% der aktuellen Übertragungen im Zuge der intensivmedizinischen Behandlung von Patienten zu verzeichnen waren. (Saudi MOH 04.11.14) In Expertenkreisen wird derzeit diskutiert, ob der Kontakt mit rohem Fleisch infizierter Dromedare, dessen Verzehr sowie das Trinken unpasteurisierter Dromedarmilch ebenfalls zu einer Ansteckung führen könnte. (ProMED 01.04., CDC) Die Inkubationszeit scheint bei drei bis zwölf (maximal 14,5) Tagen zu liegen. In den meisten Fällen treten die Symptome innerhalb von zehn Tagen nach Ansteckung auf.
Diagnostik
Das MERS-CoV kann in einer Nierenzellkultur angezüchtet werden. Der direkte Nachweis erfolgt mittels molekularbiologischer Diagnostik (RT-PCR). Auch Schnelltests sind möglich.
Fazit
Erreger aus der Familie der Coronaviren müssen sorgfältig beobachtet werden. Dies gilt besonders für Viren wie SARS-CoV und MERS-CoV, die auch direkt von Mensch-zu-Mensch übertragen werden können. Reisende in die entsprechenden Länder sollten auf das Vorkommen von MERS higewiesen werden. Von engeren Kontakte mit erkrankten Personen sowie von dem Essen unzureichend erhitzten Dromedarfleisches oder Trinken unpasteurisierter Dromedarmilch wird abgeraten. Die internationale Wissenschaftsgemeinde hat schnell und effektiv auf den aktuellen Ausbruch reagiert. Innerhalb von Wochen wurde ein Testsystem entwickelt, die Inkubationszeit ermittelt, eine Falldefinition erarbeitet und ein Meldesystem etabliert. Weitere Forschung ist erforderlich, u.a. zur Aufklärung des Erregerreservoirs, der Übertragungswege sowie gegebenenfalls zur Entwicklung eines Impfstoffes.
Quellen und weiterführende Informationen
- MERS-CoV found in bat; hunt for other sources goes on. Cidrap 21.08.2013
- Khan G. A novel coronavirus capable of lethal human infections: an emerging picture. 2013; 10: 66. [Volltext]
- Nishiura H, Mizumoto K, Ejima K, et al. Incubation period as part of the case definition of severe respiratory illness caused by a novel coronavirus. Euro Surveill 2012; 17 (42). pii: 20296. [Volltext]
- The WHO MERS-CoV Research Group. State of Knowledge and Data Gaps of Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV) in Humans. PLoS 12.11.2013. [Volltext]
- ECDC, Updated Rapid Risk Assessment (MERS-CoV) 31.05.2014. [Volltext]
- WHO
MG, 01.03.2020