Reiseinformationen - Allgemein: Sicherheit von Impfungen
Sicherheit von Impfungen
In Deutschland zugelassene Impfstoffe sind in der Regel sicher. Nebenwirkungen können, wie bei allen Medikamenten, prinzipiell vorkommen: durch falsche Technik der Verabreichung, Infektion oder durch Reaktionen auf die Inhaltsstoffe. Die erstgenannten Probleme sind durch die Auswahl geeigneter Impfstellen leicht vermeidbar.
Reaktionen auf Inhaltsstoffe sind auch bei guter Qualität der Impfstoffgabe als allergische oder toxische Reaktionen möglich. Auslöser können Impfantigene selbst sein, die die gewünschte Impfreaktion vermitteln, oder Zusatzstoffe, die sich in den Impfstoffen befinden. Dazu zählen, je nach Impfstoff, Antibiotika, Inaktivierungsmittel, Produktionsüberreste (Hühnereiweiß), Konservierungsmittel (Thiomersal u.a.), Stabilisatoren (Humanalbumin, Gelatine u.a.) und so genannte Adjuvantien (z.B. Aluminiumverbindungen).
- Sofortreaktionen: Reaktionen vom Soforttyp treten bis zu 20 Minuten nach der Impfung auf (Auslöser z.B. Zusatzstoffe wie Gelatine oder Hühnereiweiß, und können zu lokaler oder generalisierter allergischer Gefäßerweiterung führen. Bei bekannter starker Allergie gegen Hühnereiweiß muss daher ggf. auf eine Impfung gegen Gelbfieber verzichtet werden. Hühnereiweiß kann auch in extrem geringen Mengen in Impfstoffen gegen Masern-Mumps-Röteln, FSME, Influenza und Tollwut vorhanden sein. Allergische Reaktion sind hier bei Erwachsenen aber sehr selten und fehlen bei Kindern i.d. Regel. Bei bekannter Nahrungsunverträglichkeit auf Gelatine darf nur unter klinischer Überwachung geimpft werden. Bei Neigung zu allergischen Reaktionen ist es grundsätzlich empfehlenswert, nach einer Impfung noch einige Zeit in der Praxis zu verbleiben.
- Verzögerte Lokalreaktion: Eine lokale Gewebeschwellung, ggf. mit Einblutung, kann vier bis zehn Stunden nach der Impfung entstehen und bildet sich dann innerhalb weniger Tage zurück (Auslöser z.B. Impfantigene oder extrem selten auch Humanalbumin). Bei zum Beispiel in sehr kurzen Abständen durchgeführten Tetanusimpfungen besteht eine Tendenz zu stärkeren Lokalreaktionen. Die ggf. in Impfstoffen als Rest vorhandenen Antibiotika (Amphotericin B, Framycetin, Kanamycin, Neomycin, Polymyxin, Streptomycin) werden in der Medizin sonst selten eingesetzt. Patienten mit Penicillin oder Cephalosporin-Allergie können bedenkenlos geimpft werden.
- Späte Reaktionen: Bestimmte Inaktivierungs- und Konservierungsmittel, die in Impfstoffen in sehr kleinen Mengen enthalten sein können (Formaldehyd, Thiocyanat, Phenol, Quecksilber-Ethyl-Thiomersal) können zu verzögerten Reaktionen führen, die nach zwei bis drei Tagen auftreten. Bei hochgradiger Formaldehyd-Allergie ist eine Impfung nur unter strenger Überwachung erlaubt. Auf Impfstoffe, die die Quecksilberverbindung Thiomersal enthalten wird heute weitgehend verzichtet.
- Lokale Fremdkörperreaktionen: Sind möglich durch Adjuvantien (Aluminiumverbindungen), die keine allergischen Reaktionen auslösen.
Übersicht zu anerkannten Impfkomplikationen nach dem Infektionsschutzgesetz: RKI
Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation
Ein Expertengremium der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich Ende 2007 mit speziellen Fragen zur Sicherheit von Impfstoffen beschäftigt. Es wurde u.a. über die folgenden Schwerpunkte berichtet:
- Bei dem Guillan-Barré-Syndrom (GBS) handelt es sich um ein neurologisches Krankheitsbild. Es findet sich hierbei eine Entzündung der zentralen Nervenwurzeln des Rückenmarks und der peripherer Nerven, was zu Lähmungserscheinungen an Armen und Beinen und in seltenen Fällen sogar zu Atemlähmung führen kann. Die genauen Ursachen des GBS sind noch ungeklärt. Bei zwei Dritteln aller Patienten geht dem GBS eine bakterielle oder virale Infektion voraus. So ist statistisch bei einer von 3000 Infektionen mit dem Darmbakterium Campylobacter jejuni mit einem GBS zu rechnen. Im Sinne einer immunologischen Kreuzreaktion kann sich – so wird derzeit postuliert – das Immunsystem des Patienten gegen die Myelinscheide der eigenen Nervenzellen richten. In seltenen Fällen wurde GBS auch im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen beschrieben. Es ist jedoch aufgrund der Seltenheit von GBS und der Häufigkeit von Impfungen ungeklärt, ob auch ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Lediglich für Impfstoffe, die auf Basis von Nervengewebe hergestellt werden, konnte auch ein kausaler Zusammenhang gefunden werden. Allerdings selbst in diesen Fällen war das Risiko mit einem Fall auf 9.5 Millionen durchgeführte Impfungen (gegen ein Schweinegrippevirus) gering. In Deutschland sind derzeit keine Nervengewebsimpfstoffe zugelassen. Grundsätzlich wird empfohlen, im Falle plötzlich auftretender neurologischer Beschwerden im Zusammenhang mit Infekten oder Impfungen einen Arzt aufzusuchen und u.a. im Labor eine Serumprobe für spätere immunologische Untersuchungen einfrieren zu lassen.
- Hepatitis B-Impfung und rheumatoide Arthritis (RA)
Ein früher mitunter vermuteter Zusammenhang zwischen Impfungen gegen Hepatitis B, dem Vorliegen eines bestimmten genetischen Merkmals (HLA DRB1*04) und dem Auftreten von Gelenkbeschwerden im Sinne einer RA konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Das Merkmal HLA DRB1*04 findet sich zwar tatsächlich gehäuft bei RA-Patienten, eine zusätzliche (statistisch relevante) Erhöhung des RA-Risikos durch Hepatitis B-Impfung wurde jedoch nicht gefunden. - Sicherheit des Japanische Enzephalitis (JE)- Impfstoffs
Ein früherer Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis war in Deutschland nicht zugelassen, wurde aber bei bestehender Indikation, zum Beispiel bei geplanten längerfristigen Aufenthalten in ländlichen Gegenden Südostasiens, und unter Berücksichtigung der Pflicht zur erweiterten Aufklärung nicht selten durchgeführt. Neben diesem recht gut etablierten inaktivierten JE-Impfstoff mit bekannten Nebenwirkungsraten (z.B. meist mild verlaufenden Überempfindlichkeitsreaktionen bei etwa 0.5% der Geimpften) existiert ein, vor allem im asiatischen Ausland verwendeter Lebendimpfstoff dessen Nebenwirkungsprofil en detail bisher nur bei 600 Personen untersucht wurde. Daher lassen sich –vor allem hinsichtlich selten auftretender Nebenwirkungen – weniger Aussagen über die Verträglichkeit und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Impfstoffen machen. In der Gruppe der 600 untersuchten Probanden fand sich bislang kein Anhalt für eine schlechtere Verträglichkeit. Auch fand sich keine Abschwächung der Wirksamkeit bei gleichzeitiger Verabreichung von Masern(lebend)impfstoff.
Hinweis: Im Jahr 2009 wurde ein neuartiger Impfstoff (Ixiaro(R)) gegen Japanische Enzephalitis für eine Anwendung Deutschland zugelassen. Nach Zulassung entfällt zwar eine erweiterte Aufklärungspflicht des Impfarztes, aber eine Aussage über das Auftreten sehr seltener Nebenwirkungen ist in der Regel erst einige Jahre nach erfolgter Markteinführung möglich. - Rotavirus-Impfstoffe und Kawasaki-Syndrom (KS)
Die Impfung gegen Rotaviren kann bei Kleinkindern durchgeführt werden und schützt vor einer bei Kindern recht häufigen Form der Durchfallerkrankung. Zwischen Juni und Oktober 2007 fanden sich in den USA im Zusammenhang mit einer Immunisierung gegen Rotavirus-Infektion 12 Fälle von KS. Bei einem KS handelt es sich um eine akut fieberhafte Erkrankung unklarer Ursache, die mit entzündlichen Veränderungen der kleinen und mittelgroßen Arterien einhergeht. Häufig finden sich im Zuge der Erkrankung Entzündungen der Mundschleimhaut, der Bindehaut sowie entzündliche Hautveränderungen im Bereich der Hände und Füße. Eine intensive Überwachung ergab nach mehr als 125.000 verimpften Dosen des Impfstoffs keine neuen Fälle von KS. Weitere Untersuchungen bleiben jedoch abzuwarten. Bei Anwendung des in Europa verwendeten Impfstoffs Rotarix™ wurde bislang auf 12 Mio. verabreichte Impfdosen bei 6 Mio. Kindern keine statistisch auffällige Häufung von KS beobachtet.
Fazit der WHO: Tragfähige Hinweise für eine kausale Beziehung zwischen den dargestellten Gesundheitsstörungen und den genannten Impfungen ließen sich bislang nicht finden. Die Erfassung selten auftretender unerwünschter Arznei- oder Impfstoffwirkungen bleibt jedoch auch weiterhin eine Herausforderung. Dies gilt insbesondere für die Hersteller, das staatliche Gesundheitswesen aber auch für die große Gruppe der niedergelassenen Ärzte in Deutschland. Ungewöhnliche Beschwerden/Erkrankungen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung werden dem Paul-Ehrlich-Institut (Bundesamt für Sera und Impfstoffe) in Langen gemeldet. Meldeformulare finden sich in jeder Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts.
Quelle: WHO: Global Advisory Committee on Vaccine Safety, 12-13 December 2007. WER 2008, 83: 37-44 (PDF)
Anhang: Narkolepsie und adjuvantierte Impfstoffe gegen Schweinegrippe (H1N1)
In Finnland und Schweden traten im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfkampagne gegen die Schweinegrippe 2009 vermehrt Fälle von Narkolepsie auf, einer Störung des Rhythmus der Hirnaktivität, die mit einem unwiderstehlichen Schlafdrang tagsüber einhergeht sowie mit einer Muskelschwäche u.v.a. Besonders betroffen waren Kinder. Weitere Fälle wurden aus Schweden und Island gemeldet. Das vorläufige Ergebnis der Untersuchung des Gesundheitsministeriums ging von einem ursächlichen Zusammenhang aus, bei dem auch andere bisher nicht näher bekannte Faktoren eine Rolle spielen könnten.
Europäische Arzneimittelbehörde schränkt aufgrund dieser Berichte die Indikation ein und empfiehlt den Impfstoff i.d. Regel nicht mehr für Personen unter 20 J. zu verwenden:
Die Art des Pandemiemanagements der WHO gehandhabt wurde mehrfach kritisiert
und ausführlich in einer Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission thematisiert:
Der Verdacht auf einen direkten Zusammenhang zwischen der Gabe adjuvantierter Impfstoffe und dem Auftreten von Narkolepsie wurde im Rahmen weiterer Untersuchungen und Studien jedoch nicht untermauert. So fand sich im direkten Vergleich zwischen 1,024 Mio. mit Pandemrix® Geimpften im Vergleich zu 921.005 Ungeimpften kein gehäuftes Auftreten von Narkolepsie. Wobei es sich bei der Narkolepsie um eine so seltene Erkrankung handelt, dass die gewählten Studiengruppen noch zu klein waren, um einen entsprechenden Effekt der Impfung feststellen zu können. (Bardage 2011)
Auch eine noch breiter angelegte Erhebung, bei der 5.305 unerwünschte Ereignisse nach der Impfung von mehr als 23 Mio. Personen mit (MF59®)adjuvantiertem Impfstoff berücksichtigt wurden, konnte keinen einzigen Fall von Narkolepsie aufzeigen. (Tsai 2011) In China wurde jedoch ein hohes Maß an Korrelation zwischen dem Auftreten von Atemwegsinfekten (einschließlich H1N1) und Narkolepsie festgestellt. Nach der H1N1-bedingten Pandemie im Winter 2009 - also zu einer Zeit in der sich Atemwegsinfekte im Land häuften - fand sich eine dreifache Erhöhung der Narkolepsie-Inzidenz während nur 5,6% der Narkolepsie-Patienten geimpft waren. (Lin 2011)
Im Rahmen weiterer Studien konnte in Europa jedoch eine statistische Korrelation zwischen Impfung mit Pandemrix® und dem Auftreten der Narkolepsie im Kindesalter in mindestens vier Ländern nachgewiesen werden. In Irland beispielsweise erkrankten geimpfte Kinder um den Faktor 13 mal häufiger als ungeimpfte Kinder. Unklar ist jedoch auch weiterhin, ob ohne Impfung die Erkrankung auch, lediglich zu einem späteren Zeitpunkt ausgebrochen wäre. (WHO 2013)
MG, 20.09.2018