Baderisiken in tropischen Binnengewässern
Bildquelle: Denis Zimmer
Am Ufer
In den Tropen stellt das Schwimmen in Binnengewässern oft ein Risiko dar. Neben den üblichen Baderisiken finden sich in den Tropen zusätzliche:
Bildquelle: Denis Zimmer
Tiere im Wasser
In vielen Regionen geht ein gewisses Risiko von Wildtieren aus, z.B. von Flusspferden, die sehr schwere und schwierig zu managende Verletzungen verursachen können (Lin 1993). Ein Risiko besteht vor allem beim Rafting oder bei Kanu-Safaris auf Gewässern mit großen Flusspferdpopulationen. Besonders Flusspferdkühe verstehen eine Annäherung leicht als Angriff auf ihre Kälber. Seltener können auch von Krokodilen Gefahren ausgehen. Viele Menschen sind in ihrem täglichen Leben am Fluss häufig mit Krokodilen konfrontiert und bei ihnen sind bei sorglosem Verhalten auch tödliche Verletzungen möglich. Reisende werden häufig durch Schilder oder durch das Personal der Parks an den riskanten Stellen vor Flusspferden oder Krokodilen gewarnt.
Im Wasser selber können Risiken auch durch bestimmte Fischarten drohen, wie z.B. in südamerikanischen Gewässern, in denen sich Piranhas, Zitteraale und Candirús aufhalten. Der Candirú ist ein welsartiger winziger Fisch, der parasitär lebt. Mit Hilfe von Stacheln setzt er sich in den Kiemenöffnungen von Fischen fest und ernährt sich von Blut und Gewebe seiner Wirte. Er wird auch als „Brasilianischer Vampirfisch“ bezeichnet. In seltenen Fällen kann der Candirú in die Körperöffnungen von Menschen gelangen und sich dort festsetzen. Betroffen sein können Rektum, Vagina oder bei sehr kleinen Fischen auch die Harnröhre (Herman 1973). Eine Entfernung der Tiere ist oft nur durch einen operativen Eingriff möglich. Das Tier ortet seine Opfer anhand der höheren Harnstoffkonzentration des Wassers, das aus den Kiemen strömt. In diesem Zusammenhang muss auch das Urinieren in südamerikanischen Gewässern als Risikofaktor gewertet werden. Da er sich entlang eines Harnstoffgradienten bewegt, kann dies den Candirú leicht zum falschen Opfer führen.
In Australien kann es besonders im Nordosten zu Verletzungen durch Quallen kommen. Auch im übrigen Pazifik sollte auf Baden verzichtet werden wenn Schilder am Strand mit "Jelly Fish Alert" sind.
Unfälle im Wasser
Die meisten Unfälle ereignen sich im Ausland bei Leichtsinn in alkoholisierten Zustand. Lebensbedrohliche Situationen entstehen, wenn die üblichen Risiken und Vorsichtsmaßnahmen unterschätzt werden, und Reisende in ein Gewässer unbekannter Tiefe springen, das eigene Können und die eigene Kraft für viel zu ausgeprägt halten und weil sie in Gefahrensituation oft völlig überfordert sind.
Im Ausland ist es oft relativ leicht, Boote zu mieten. Das kann riskant sein, denn das Verletzungsrisiko ist besonders bei motorisierten Booten hoch: Schädel-Hirnverletzungen, Thoraxtraumen, abdominelle Verletzungen und/oder Ertrinken können die Folge sein (Latch 2004). Schwimmer, die Booten zu nahe kommen (z.B. bei "Mann über Bord-Manövern") können überfahren und durch Schiffschrauben verletzt werden.
Motorboote oder Jet-Ski u.a. sind zwar leicht verfügbar, aber bei einigen Hotels nicht auf einem gut gewarteten Stand und oft nur mit mangelnder Sicherheitsausrüstung versehen (Schwimmwesten, Kopfschutz etc.). Oft existiert im Reiseland keine effektive Rettungsorganisation wie die DLRG. Auch der Standard der medizinischen Versorgung nach einem Motorbootunfall reicht im Ausland u.U. nicht an die Möglichkeiten in Deutschland heran.
Erreger im Wasser
Grundsätzlich muss bei tropischen Gewässern mit einer Belastung durch Fäkalien gerechnet werden. Dörfer und Städte entsorgen ihre Abwässer gerne in vorüber fließende Flüsse, stehende Gewässer oder in das Meer. Wird kontaminiertes Wasser beim Baden geschluckt, so können Darminfektionen die Folge sein. U. a. mit den folgenden Fäkalerregern muss gerechnet werden:
Eine besondere Rolle in den Tropen spielt die Belastung von Gewässern mit Schistosomen. Mehr als 600 Mio. Menschen sind einem Risiko für die Bilharziose ausgesetzt. Untersuchungen von Kindern in Endemiegebieten zeigten Infektionsraten von deutlich über 40% (Standley 2009, Oladejo 2006).
Die Bilharziose findet sich vor allem in Afrika (S. haematobium, mansoni, intercalatum) und Südostasien (S. japonicum, S. mekongi). Die Infektion erfolgt über das Zerkarienstadiun des Erregers. Innerhalb von Sekunden können die Erreger die Haut durchdringen.
Auch in europäischen Gewässern finden sich Schistosomen, die zum Beispiel über die Ausscheidungen von Enten ins Wasser gelangen. Jedoch führen solche Vogel-Schistosomen beim Menschen (Fehlwirt, Erreger sterben in der Haut ab) lediglich zu heftig juckenden Hautveränderungen („swimmer's itch“). Die Erreger der Bilharziose (Zwischenwirt: Wasserschnecken) jedoch können nach dem Durchdringen der Haut (auch hier kann ein „swimmer's itch“ innerhalb von 24 Stunden nach Infektion beobachtet werden) in die Blutbahn gelangen und zunächst zum Katayamafieber (2-6 Wochen nach Infektion mit Fieber, urtikarielles Exanthem, gastrointestinalen Beschwerden und einer ausgeprägten Eosinophilie) führen. Die Erreger können dann über die Blutbahn an innere Organe gelangen. Je nach Schistosomenspezies können der Darm (häufig S. mekongi, S. mansoni), die Blase (S. haematobium), seltener die Lunge oder das Gehirn (meist S. japonicum) betroffen sein. In den betroffenen Organen sind – besonders bei Kontakt des Gewebes mit Schistosomeneiern – granulomatöse Entzündungen zu finden.
Aufgrund der weiten Verbreitung der Bilharziose in den Tropen sollten Afrika- und Südasien-Reisende möglichst komplett auf das Baden im Süßwasser verzichten. Für den Fall einer möglichen Exposition in Verbindung mit Bilharziose-verdächtiger Symptomatik, sollte ein Ei-Nachweis in Stuhl- und Urinproben versucht werden. Außerdem ist die Anfertigung eines Differentialblutbildes sinnvoll: "Besteht eine Eosinophilie?". Eine medikamentöse Therapie mit Praziquantel ist bei Nachweis von Schistosomeneiern angezeigt (Meier 2007, Kumari 2005). Bei längeren Aufenthalten in hochendemischen Gebieten, z.B. in Malawi, kann selbst bei Fehlen von Krankheitszeichen ein Screening auf Schistosomeneier erwogen werden (Day 1996).
Bildquelle: Denis Zimmer
Chemische Verunreinigungen
Flüsse und Seen in der Nähe von Industrieanlagen oder Minen können erhebliche chemische Verunreinigungen aufweisen. Vor allem im Einzugsbereich von Industrieanlagen muss zum Teil mit erheblichen Belastungen der Gewässer gerechnet werden.
In manchen Regionen der Welt, vor allem innerhalb Südamerikas, können gravierende Umweltbelastungen von illegalen Gold- und Mineraliensuchern ausgehen. Hier werden erhebliche Mengen von Erdreich freigespült, die Aufschwemmungen werden dann mit Quecksilber versetzen, in dem sich Gold löst, und schließlich werden die Abwässer in Flüsse geleitet. Zum Teil können Belastungen (z.B. mit Arsen und Schwermetallen) auch natürlichen Ursprungs sein. Dies gilt insbesondere für Brunnenwasser, aber auch für Seen, deren Sedimente reich an Schwermetallverbindungen sind. In diesen Fällen werden Kupfer, Nickel, Chrom, Arsen, Blei, Cadmium oder Quecksilber heraus gelöst und gelangen ins Wasser (Zheng 2009).
Fazit
Das Gesundheitsrisiko beim Baden in Binnengewässern kann in Abhängigkeit zur bereisten Region sehr stark variieren. Warnhinweise und -schilder können einen Anhaltpunkt geben. Fernreisende sollten jedoch möglichst auf das Baden in unbekannten Gewässern verzichten. Risiken beim Baden im Meer oder in gut gewarteten Swimming Pools sind leichter zu kalkulieren.
Literatur
Weitere Artikel
MG; HEF, 19.09.2018