Fachinformationen - Sonne, Melanome, andere Carcinom WT


Sonnenlicht und Melanomrisiko

 

Einführung
Die Häufigkeit von Hautkrebserkrankungen, incl. malignes Melanom, hat seit den 1940´er Jahren um mehr als 600% zugenommen. In wie weit Umweltbedingungen, veränderte Verhaltensweisen oder auch häufigere Diagnostik einen Anteil an diesem Phänomen haben, ist Gegenstand aktueller Diskussionen. Wesentliche Risikofaktoren des Hautkrebses sind jedoch einerseits der Umfang der UV-Belastung, gleichzeitig aber auch der jeweilige Hauttyp, also die individuelle Sensitivität gegenüber ultravioletter Strahlung (Osterlind 1991, NCI 2009). Aufgrund seiner ausgeprägten Neigung zur Metastasierung und seines stark infiltrativen Wachstums ist es unter den Hautkrebserkrankungen vor allem das maligne Melanom auf dessen Konto Todesfälle gehen. Im Jahr 2006 lag die Erkrankungsrate in Europa geschlechtsabhängig zwischen 14,6 (Männer) und 16,2 (Frauen) auf 100.000 Einwohner. Die Sterblichkeitsrate betrug 2,4 (Männer) und 1,5 (Frauen) auf 100.000 Einwohner (GBE). Auch das Alter ist als Risikofaktor zu berücksichtigen. In Deutschland liegt das mittlere Erkrankungsalter bei Männern bei 64 Jahren, bei Frauen bei 58 Jahren.

Methoden zur Risikoeinschätzung
Unter einer Vielzahl möglicher Einflussfaktoren wie Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Sozialstatus etc. den Stellenwert eines einzelnen Risikofaktors (Sonnenlicht) zu ermitteln ist auch für Statistiker und Epidemiologen eine Herausforderung. Instrumente zur Ermittlung von Ausmaß und Art der Zusammenhänge sind:

Im Rahmen der Fall-Kontroll-Studien werden Gruppen möglichst ähnlicher Individuen untersucht, wobei die eine Gruppe sich aus Melanompatienten zusammensetzt und die andere Gruppe aus Gesunden oder Personen mit anderer Erkrankung. Geprüft wird dann u. a., ob in der Gruppe der Melanom-Patienten eine erhöhte UV-Exposition zu verzeichnen ist. In Kohortenstudien wird eine größere Gruppe über einen bestimmten Zeitraum untersucht. Personen, die während des Beobachtungszeitraums an malignem Melanom erkrankten können statistisch mit denjenigen Angehörigen der Kohorte verglichen werden, die gesund geblieben sind. Unterschiede beispielsweise zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen lassen sich im Rahmen einer Querschnittsstudie ermitteln, hier wird eine große Zahl von Personen (z.B. repräsentativer Bevölkerungsdurchschnitt) zu einem einzelnen Zeitpunkt untersucht und befragt. Es ist sehr schwierig, die Lichtexposition mit hinreichender Genauigkeit zu bestimmen sowie die Bedeutung individueller Faktoren und Verhaltensweisen für das Risiko einzelner Personen oder Bevölkerungsgruppen einzuschätzen. Ökologische Studien erlauben die Analyse von Risiken in einem größeren geographischen Maßstab. Sonnenexposition in Europa und Australien könnte eine grundsätzlich unterschiedliche Qualität von Risiko darstellen, oder vielleicht auch völlig gleichwertig sein. Anders als die UV-A Strahlung (Wellenlänge 320 – 400 nm) wird die UV-B-Strahlung  (320−280 nm) durch die Ozonschicht, durch Aerosole, Schwebstoffe und Wolken beeinflusst. Weitere Einflussfaktoren sind die Höhe eines Landstrichs sowie Unterschiede im UV-Reflexionsmuster von Landschaften. Der Abbau der Ozonschicht führt bekanntermaßen zu einer erhöhten UV-Intensität in den tieferen Schichten der Atmosphäre. Mit Hilfe von Satelliten, die mit „total ozone mapping“ -Spektrometern (TOMS) ausgestattet sind, lässt sich die Dicke der Ozonschicht sowie die UV-Exposition für alle Regionen der Erde beurteilen.

Fragestellung
Mit Hilfe der TOMS-Technologie lassen sich nun völlig neue Fragestellungen bearbeiten. Durch das Schwinden der Ozonschicht nimmt die UV-Belastung zu. Besonders sensitiv auf UV-Strahlung reagieren Jüngere (15-30 Jahre) und ältere Personen (Jensen 2007). Das Melanom findet sich in allen Altersgruppen, jedoch gehäuft bei Personen zwischen 50. und 60. Lebensjahr. Ist UV-Licht, wie vermutet, tatsächlich ein wesentlicher Risikofaktor für die Entstehung von Melanomen, so sollte sich eine Zunahme der Erkrankung unter der allgemein ansteigenden UV-Belastung vor allem in den Altersgruppen der Jüngeren und Älteren Personen zeigen. Inzwischen wurden ausgedehnte Analysen anhand der TOMS-Satellitendaten u.a. von 9 Regionen in den USA durchgeführt. Die UV-Intensität der einzelnen Bereiche war prinzipiell vergleichbar, jedoch mit erwartungsgemäß geringeren Werten im Nordosten und höheren Werten im Süden und Westen des Landes. Die Gebirgsregionen wurden gesondert ausgewertet.

Ergebnisse und Bewertung
Die Analyse der Daten zeigte einen besonders deutlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Hautkrebserkrankungen und der UV-Exposition, der der Patient in den letzten 3-4 Jahren vor Diagnosestellung ausgesetzt war. Diese Zeitspanne kann als Ausdruck einer Latenzzeit zwischen maligner Zelltransformation und klinischer Manifestation der Erkrankung interpretiert werden (Chang 2010).

Melanom und UV-Exposition
Während das Risiko an einem Basaliom oder Spinaliom zu erkranken anhand der verfügbaren Daten relativ eindeutig mit der Sonnenlichtexposition korreliert, ist die Einschätzung im Hinblick auf das maligne Melanom problematischer. Das Risiko für maligne Melanome an den Akren, also stärker UV-exponierten Arealen, steigt mit zunehmendem Alter, während superfizielle Melanome häufiger im jüngeren Erwachsenenalter diagnostiziert werden. Bei dem weitaus größten Teil aller diagnostizierten Melanome handelt es sich um superfizielle Formen für die ein Zusammenhang mit dem Sonnenlicht weniger klar belegt ist. Gerade, weil es sich meist um Hautareale handelt, die insgesamt weniger der Sonne ausgesetzt sind. Ob Melanome im Bereich weniger lichtexponierter Hautareale leichter durch UV-Strahlung induziert werden können als im Bereich der Akren, ist noch unklar.

Es bleibt unklar und ist aus ethischen Gründen praktisch nicht erruierbar, in wie vielen Fällen oberflächliche Melanome (Clark-Level I und II, sehr gute Prognose) in Melanome mit größerer vertikaler Ausdehnung (Clark-Level IV und V, schlechte Prognose) übergehen (Rees 2008).

Kontroverse über die Nützlichkeit von Sonnenlicht
In der wissenschaftlichen Gemeinschaft ist eine Diskussion im Gange, ob und in wie weit den schädlichen Wirkungen der UV-Strahlung auch positive Effekte gegenüber stehen. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf die Rolle des Sonnenlichts bei der Vitamin-D-Biosynthese verwiesen. Eine verminderte Bildung von Vitamin D könnte das statistische Risiko für Tumorleiden, Knochenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Infektionen, kardiovaskuläre Leiden und Bluthochdruck erhöhen. Bei inadäquater Sonnenexposition, verminderter oraler Zufuhr und/oder verminderter enteraler Resorption sind Vitamin-D-Mangelsyndrome möglich. In den gemäßigten und nördlichen Breiten sind Vitamin D-Defizienzen weit verbreitet. In Kanada wurden sogar in den Sommermonaten bei 30% der Frauen im gebärfähigen Alter deutlich verringerte 25-Hydroxyvitamin D-Konzetrationen im Blut gemessen (Gagnon 2010). In nördlichen Teilen Europas fanden sich verringerte 25-Hydroxyvitamin D-Konzetrationen bei einem Drittel der heranwachsenden und zwei Drittel der älteren Frauen (Andersen 2005). Eine flächendeckende Zufuhr von Vitamin D-Präparaten wäre jedoch auch nicht unproblematisch, da noch keine Einigkeit über die empfohlene Dosis von synthetischem Vitamin D besteht. Auch bestehende Grenz- und Referenzwerte sind, sofern überhaupt vorhanden, nicht unstrittig (Kennel 2010). Als möglicher Konsens scheint sich momentan die tägliche Zufuhr von 1.000 – 2.000 IU Vitamin D in Verbindung mit einem verantwortungsbewussten Umgang mit Sonnenlichtexposition abzuzeichnen (Reichrath 2009 [a], [b]).

Fazit
Um das Risiko für Basaliome, spinozelluläre Karzinome und m. E. maligne Melanome gering zu halten, sollte – besonders in Zeiten einer schwindenden Ozonschicht- übermäßige UV-Exposition vermieden werden. Da es sich beim menschlichen Körper um ein komplex „ausbalanciertes“ System handelt und selbst ein Übermaß an Vermeidung nachteilige Folgen haben kann, darf man sich auch der positiven Effekte von Sonnenlicht auf Körper und Seele bewusst werden und diese von Zeit zu Zeit genießen. In jedem Fall besteht Einigkeit darüber, dass Sonnenbrände – vor allem bei Kindern- der Haut schaden und am besten komplett vermieden werden sollen.
 

Literatur

Weitere Artikel

 

 

 

MG, 08.10.2018



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