Fachinformationen - Unklare chronische Erkrankung
Chronische Krankheitserscheinungen
Für viele chronische Beschwerden können auch nach langer Suche keine eindeutige Ursache gefunden werden. Der Zusammenhang mit einem auslösenden Ereignis, wie Auslandsaufenthalt, psychischer Belastung, Schadstoffkontakt uva, könnte zufällig sein oder auch in einem ursächlichen Zusammenhang stehen.
Der Leidensdruck der betroffenen Patienten ist hoch, und Ärzte reagieren oft rat- und hilflos.
Viele Patienten suchen verschiedene medizininische Dienstleister auf, in der Hoffnung auf eine eindeutige Diagnose, damit das Krankheitsbild benannt und eine Ursache bekämpft werden kann. Diese Hoffnung erweist sich bei ineinander greifenden Zusammenhängen leicht als trügerisch: Manche der feilgebotenen "unfehlbaren Heilmittel (Magic Bullet's)" verschlimmbessern die Probleme nur.
Wenn bei akuten Krankheits- oder Infektionsereignissen oder bei einem Unfall einzelne Faktoren oder eine stark gestörte Funktion in Vordergrund stehen, sind zielgenaue Interventionen notwendig und zielführend. Solche Eingriffe bewirken jedoch wenig, wenn
- mehrere äußere oder innere Faktoren oder Einflüsse jeweils geringe Veränderungen bewirken, in der Summe oder in ihrer gegenseitigen Beeinflussung jedoch eine Krankheit auslösen, oder
- Beziehungen zwischen jeweils gesunden Organfunktionen so verändert sind, das Störungen der Rhythmen oder des Zusammenspiels im Organismus entsteht, oder
- das Immunsytem oder andere essentielle Körperfunktionen, u.a. der Stressverarbeitung, auf eine Störung hin übersteuern oder überreagieren und schädigende Wirkungen entfalten, obwohl die auslösende Ursache längst verschwunden ist.
Die Suche nach einer einzigen Infektionsursache führt bei komplexen chronischen Krankheitsbildern häufig in die Irre. Oft macht es mehr Sinn, Zusammenhänge zu beruhigen, damit Heilung erfolgen kann, anstatt etwas zu bekämpfen. So würde z.B. bei einer Infektion mit dem Bakterium EHEC die Gabe von Antibiotika den Zusand der Kranken eher verschlimmern, während immunberuhigende Maßnahmen schwere Komplikationen verhindern können.
Vorgehen bei komplexen schwierigen chronischen Krankheitsbildern
- Betroffene müssen ernstgenommen werden und der Leidensdruck muss sich lösen (unabhängig von jeder Krankheitsursache. Wichtig ist seitens des Arztes ein Verhalten das Vertrauen schafft: durch Aufmerksamkeit, Empathie, Wachheit und genaues und strukturiertes Zuhören.
- Bei chronischen Beschwerden ist die ausführliche Besprechung der Krankengeschichte mit einem vertrauten Hausarzt wichtiger als eine große Masse einzelner Spezialisten, die "einen Hammer besitzen und daher alle Problem für Nägel halten". Arzt und Patient müssen einen Gesamtüberblick über die persönliche Situation gewinnen, ohne von vorneherein bestimmte Ursachen auszuschließen. Andernfalls würde auf Verdacht hin eine einzige Fährte verfolgt („Infektion X !“, „Vergiftung Y !“), bis diese sich dann jeweils als Sackgasse herausstellt. Die vertraute Ärztin oder Arzt sollte einen Gesamtüberblick über alle ärztlichen Befunde und alle bisherigen Behandlungsversuche (auch die alternativen Diagnosen und Therapien) erhalten. Weitere Expertenmeinungen sollten nur nach Besprechung mit ihm oder ihr aus unterschiedlichen Fachrichtungen hinzugezogen werden, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen, die nur in dem jeweiligen Fachgebiet erkannt werden können. Jedes Indiz muß aufgenommen werden, vorschnelle Beschuldigungen oder auch ein vorschnelles Ausschließen seltener Zusammenhänge (Orphanet Datenbank für seltene Erkrankungen) wäre gefährlich. Sinnvoll ist es, zunächst Szenarien zu prüfen, die in diesem Zusammenhang wahrscheinlich sein können und zu versuchen, unterschiedliche Hinweise zu einem Gesamtbild zu ordnen.
- Wenn unklar ist, ob es tatsächlich einen klaren "Gegner" gibt, der unzweifelhaft alle Krankheitserscheinungen verursacht hat, macht es keinen Sinn "gegen etwas ankämpfen". Statt dessen kann (in Ermangelung einer eindeutigen Ursache), eine Situation zunächst angenommen werden, wie sie ist, um sie dann ohne Stress günstig zu beeinflussen, dh. Heilung zulassen statt Heilung erzwingen zu wollen.
- Patientinnen und Patienten kennen die komplexen Lebensumstände, in denen sich das Krankheitsbild entwickelt hat, am besten. Deshalb ist ihre Sicht der Krankheitsdeutung ebenso wichtig wie die der hinzugezogenen Experten. Daher ist es sinnvoll,
- ein Krankheitstagebuch zu führen
- Wann treten die Symptome auf? Was verschelchtert die Situation? Was verbessert sie?
- sich Zeit zu nehmen, um zu spüren
- innere Sinnesorgane, sogenannte Propriozeptoren, wahrzunehmen
- zu beobachten wie sich zum Beispiel ein Schmerzsignal durch den Prozeß der Wahrnehmung verändert (z.B. weil die Umgebungsverspannung sich löst
- sich Zeit zu nehmen, zu fühlen
- die Meldung der inneren Sinnesorgane zu bewerten und Handlungen einzuleiten, die diese Bewertung günstig verändern
- zu erleben und zu erlernen, wie die Immunreaktion und andere Funktionen des autonomen Nervensystems günstig beeinflusst werden können (Bewegung und Entspannung)
Äußere Faktoren
- Bakterien, Viren, Parasiten
- Infektionserreger werden schnell angeschuldigt, weil sie unseren Bildern von gut und böse entsprechen: ein Feind kann erkannt, umzingelt und vernichtet werden, und dann ist alles gut. Dieses Bild ist zu einfach. Zu einem Menschen gehören etwa 100x soviele Bakterienzellen, wie er Körperzellen besitzt (Mehr). Die meisten dieser Bakterien sind lebensnotwendig, andere nützlich und andere relativ harmlos, d.h. können von einem Immunsystem, das von ihnen trainiert wird, in Schach gehalten werden. Krankheit durch Infektionserreger kann bedeuten, dass eine gefährliche Art die verschiedenen Schutzwälle des Körpers überwunden hat, oder aber auch, dass der Körper auf relativ harmlose Keime überschießend oder panisch reagiert (Beispiel: Nierenversagen bei EHEC, Nervenlähmung bei Camphylobacter oder Schock bei Allergie). Ein Infektionserreger, der eine Krankheit ausgelöst hat, ist oft längst nicht mehr im Körper vorhanden, wenn ein chronischer Krankheits- und Leidensprozess fortschreitet. In diesem Fall würde es keinerlei Nutzen bringen (aber möglicherweise viel zusätzlichen Schaden), allergische, rheumatische oder autoimmune Prozesse durch "Antibiotika gegen einen möglicherweise verursachenden "Keim" bekämpfen zu wollen. In diesen Fällen wird weder ein Beweis geführt werden können, dass der verdächtigte Erreger tatsächlich für die Beschwerden verantwortlich ist, noch dass er das sicher nicht ist. In jedem Fall wäre es günstig, ein gestörtes Verhältnis zwischen nicht passenden Immunreaktionen und unterschiedlichen Mikroorganismen zu beruhigen, wie in einem Friedensprozess, der nach jedem Krieg einsetzen muss, um wieder Normalität entstehen zu lassen.
- Folgende Bakterien, Viren oder Parasiten werden relativ häufig in einen Zusammenhang gebracht werden mit chronischen Krankheitsbildern, die sich in vielen Symptomen äußeren können:
- Umweltgifte:
- Einige Giftstoffe wie z.B. Arsen, wirken über eine Störung der Stoffwechselprozesse des Körpers und werden anschließend relativ schnell ausgeschieden. Die von ihnen ausgelösten Erkrankungen sind, da sich das Gift in der Regel nicht mehr im Körper befindet, nicht ursächlich behandelbar.
- Schwermetalle, wie z.B. Blei, werden in Körperstrukturen eingebaut. Die Ausscheidung von diesem und anderen Schwermetallen kann durch Einnahme von Medikamenten beschleunigt werden.
- Fettlösliche Umweltgifte, wie z.B. DDT, verbleiben sehr lange oder auch lebenslang im Körper. Bei Abmagerungskuren oder schwerer Krankheit können sie aus dem Fettgewebe abgebaut, wieder in höheren Konzentrationen in die Blutbahn gelangen.
- Je nach Schadstoffkonzentration des aufgenommenen Giftes müssen die Krankheitserscheinungen nicht akut erkennbar, sondern können auch sehr schwach ausgebildet sein, das Immunsystem stören (Infektanfälligkeit) oder auch nur das Allgemeinbefinden betreffen.
Innere Faktoren
- Vorbestehende Erkrankungen:
- Erkrankungen wie Diabetes, Krebs, Rheuma u.a., die möglicherweise bisher noch nicht bekannt waren, können durch besondere Anstrengung oder Belastungen, z.B. während einer der Reise verstärkt oder ausgelöst werden. Oder bereits bekannte, bestehende Erkrankungen können sich unter Belastung verschlechtern.
- Die psychische Verarbeitung von Belastung hat eine große Bedeutung für Krankheitsentstehung (Stress). Jede psychische Einstellung oder Reaktion wirkt sich körperlich aus, ebenso wie jede körperliche Verletzung über den Schmerz auf die Psyche wirkt. Die Körperregion, die wie ein Zentralregler einer Fabrik alle automatischen Körperabläufe regelt, liegt direkt neben der höchsten Steuereinheit des Immunssystems. Störungen, die durch ständige Überlastung, Überforderung, Verunsicherung, chronische Erschöpfung, Enttäuschungen oder Depression ausgelöst werden, führen zu zahlosen Krankheitssymptomen in sehr unterschiedlichen Organen. Oder sie verhindern, dass der Körper auf eine relativ harmlose oder kontrollierbare äußere Belastung, effektiv und besonnen reagiert.
Die Ursache akuter Erkrankungen kann bei richtiger Diagnose oft einfach und eindeutig beseitigt werden. Bei chronischen Erkrankungen ist das dagegen meist nicht möglich. Der ganze Mensch ist betroffen und eine positive Veränderung entwickelt sich oft nur durch die Veränderung aller inneren und äußeren Wirkzusammenhänge. Das erfordert meist Geduld und Zeit. Aus der Akzeptierung der unerfreulichen Gewissheit, dass eine schnelle Lösung nicht erreichbar ist, erwachsen, z.B. bei einer Kur oder einer erneuten erholsamen Reise, plötzlich neue Möglichkeiten und Ideen, die zur Linderung der Beschwerden oder auch zu ihrem Verschwinden führen können.
HEF, MG, 20.08.2018