Fachinformationen - HIV-Eindämmung in Afrika


Eindämmung des HI-Virus in Afrika

Einleitung
Als eines der wesentlichen Ziele der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Beginn des neuen Millenniums wurde die Eindämmung der Verbreitung von HIV/Aids formuliert. Dies sollte bis zum Jahr 2015 erreicht sein. Etwa 67% aller HIV-Infizierten weltweit leben in Afrika südlich der Sahara. Aufgrund der bereits zum jetzigen Zeitpunkt sehr hohen Durchseuchungsrate der Bevölkerung in Teilen Afrikas, ist das Ziel, einer „Eindämmung“ von Seiten der WHO viel weniger ambitioniert als es klingt. Vor allem im südlichen Afrika sowie in Ostafrika sind 10-40% der Frauen im Alter zwischen 25 und 39 Jahren infiziert. Selbst, wenn sich die aktuellen Ansteckungsraten auf heutigem Niveau stabilisieren, wären in den nächsten 25 Jahren 23-70% der heute 15 jährigen Frauen HIV-positiv. Geringe Verbesserungen der heutigen Situation sind nicht hinreichend, um die erhebliche Dynamik einer (in vielen Ländern bestehenden) HIV-Epidemie zu beeinflussen. Eine länderübergreifende Epidemie kann nur gebremst werden, wenn es gelingt, die Zahl der Neuinfektionen drastisch zu verringern!

Modelle und heutiges Wissen
Wesentlich für die Ausbreitung des HI-Virus in den Hochrisikogebieten der Welt sind nach heutigem Kenntnisstand vor allem heterosexuelle Kontakte. HIV wird vor allem in der ersten Phase der Infektion übertragen, in der Testsysteme noch keine Infektion nachweisen (Das 2010).

Sorgfältige Analysen zeigen allerdings, dass sich die Ausbreitung des Erregers nicht allein durch Sexualkontakte innerhalb von festen Partnerschaften erklären lässt. Hier beginnt die Detektivarbeit. Durch allerdings sehr aufwendige molekularbiologische Analysen lassen sich die Ausbreitungsrouten einzelner Virus-Subtypen nachverfolgen. Auf diese Weise könnten auch unerwartete Übertragungsmuster aufgedeckt werden. Auffällig ist beispielsweise, dass in Ländern wie Malawi mitunter Aids bei Kindern HIV-negativer Mütter beobachtet wird. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre eine Ansteckung der Kinder im Rahmen der medizinischen Versorgung (sog. iatrogene Übertragung), zum Beispiel über mehrmals benutzte Spritzen und Kanülen. Auch sind in Malawi jungen Frauen, die Injektionen von Hormonen zur Empfängnisverhütung erhalten haben, statistisch häufiger von HIV betroffen als ihre Altersgenossinnen. Über das Ausmaß der iatrogenen HIV-Übertragung in Afrika ist wenig bekannt. Es könnte sich bei den bisher aufgedeckten Häufungen um die Spitze des Eisberges handeln.

Risiko von Blutransfusionen und Injektionen im Ausland

In der etwas saloppen Aussage des Hygienikers Prof. Daschner "Vertrauen Sie Ihrem Arzt, aber geben Sie ihm nicht ihre Hand" steckt ein Körnchen Wahrheit. Besonders in Ländern, wie u.v.a. Indien, in denen Antibiotika-resistene Erreger leicht durch das Krankenhaussystem übertragen weden können (NDM-1). Hinsichtlich der HIV-Infektion sollte die Empfehlung in vielen Ländern u.a. in Afrika noch ergänzt werden "... und lassen Sie sich nicht stechen, solange Ihr Leben nicht in Gefahr ist".

Bisherige Hilfsprogramme
Da nur unzureichende Kenntnis über die exakten Ansteckungswege existiert, waren bisherige Vorsorgeprogramme in Ländern mit flächenhaften HIV-Epidemien bisher nur wenig erfolgreich. Zum Teil fand sich eine stärkere HIV-Ausbreitung in den Ländern, in denen Hilfsprogramme durchgeführt werden konnten als in Ländern, in denen Hilfsmaßnahmen aufgrund von Kriegen nicht möglich waren. Das Verteilen von Kondomen, Gesundheitsaufklärung, Durchführung von HIV-Tests und Behandlung von Infizierten, obwohl im individuellen Fall von großem Nutzen, hatten diese Maßnahmen keinen Effekt auf die Zahl registrierter Neuinfektionen.

Kondome (sowohl "männliche" aus Latex als auch "weibliche" aus weichem Plastikmaterial, Femidom®) sind sehr wirksam zur Verhinderung sexuell übertragbarer Infektionen - wenn - sie korrekt gelagert wurden und die Anwender wissen, wie sie benutzt werden. Kommt Latex mit Öl in Kontakt, mit Sonnenlicht, Hitze, oder wird die Luftblase an der Spitze nicht gedrückt, dann  reisst es, und wird Plastik mehrfach verwendet, entstehen bakterielle Infektionen. Die Anwendung von guter Technik setzt immer Bildung voraus, und in diesem Bereich liegt häufig die Ursache für Schwachpunkte vieler Kampagnen zur Verteilung von Produkten. 

Ein weiterer wichtiger Ansatz in der Eindämmung von HIV-Infektionen ist die Behandlung von Schwangeren um eine Übertragung des Virus unter der Geburt zu verhindern.

Einige Experten halten großangelegte Programme zur Beschneidung von Männern für einen vielversprechenden Weg. Tatsächlich kann die Circumcision des Mannes sein Ansteckungsrisiko beim Geschlechtsverkehr verringern. Der Grund liegt vor allem darin, dass durch weniger Schleimhautfläche mit entsprechend "empfänglichen" Zellen darin, auch weniger Angriffsfläche für das HI-Virus geboten wird. Außerdem kann sich unter der Vorhaut "Unrat" ("Smegma") ansammeln, in dem wiederum Bakterien und Zellen überleben können, was das Risiko für zahlreiche sexuell übertragbare Erkrankungen erhöht.  Bei beschnittenen Männern ist das nicht der Fall, aber auch nicht bei solchen, die sich waschen. Einen großen Stellenwert hat daher auch die hygienische Aufklärung bei Jungs. Es bestehen große Bedenken, ob es in Entwicklungsländern möglich ist, Millionen von Männern unter hygienisch einwandfreien Bedingungen zu beschneiden. Nicht zuletzt durch kontaminierte Messer oder Rasierklingen können sehr leicht HIV, sowie das Hepatitis B und C Virus übertragen werden.

Ähnlich fraglich ist, in wie weit, die von einigen Experten vorgeschlagen Kampagnen zur Förderung der monogamen Lebensweise, erfolgversprechend wären.

Grundlagen erfolgreicher Maßnahmen
Es existiert eine Vielzahl weiterer Vorschläge und Ideen zur Eindämmung von HIV-Infektionen. Über die Nutzung bzw. Aufteilung der zur Verfügung stehenden Mittel wird heftig diskutiert. Eine Rolle in der Meinungsbildung spielen auch politische, kulturelle, religiöse und emotionale Aspekte des Problems. Die bisherigen Diskussionen werden jedoch auf einer sehr schwachen Datengrundlage geführt. Um sich für einen möglichst optimalen Weg entscheiden zu können, wären wesentlich genauere Kenntnisse der biologischen und sozialen Prozesse erforderlich, die eine Ausbreitung von HIV begünstigen. Millionen von jungen HIV-positiven Menschen in Entwicklungsländern sind verheiratet oder werden heiraten wollen. Dieser Punkt sollte bei der Planung von Präventionsprogrammen aber auch in der medizinischen Forschung entsprechend berücksichtigt werden. Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt ist die Verbesserung der hygienischen Bedingungen in der medizinischen Versorgung. HIV-Übertragungen durch benutze Spritzen und Kanülen oder kontaminierte Blutkonserven ließen sich verhältnismäßig leicht vermeiden, stellen aber tatsächlich das Gesundheitssystem vieler Entwicklungsländer vor gewaltige Herausforderungen. Verbesserungen lassen sich oft bereits durch Zuweisung von Verantwortung und Wecken eines allgemeinen Bewusstseins für das Übertragungsrisiko in Krankhenhäusern erzielen. Dies war beispielsweise während und nach Gerichtsprozessen in Rumänien und Russland zu beobachten sowie auch im Zusammenhang mit Schauprozessen in Libyen, in denen zwischen 1999 und 2006 ein Arzt und mehrere Krankenschwestern angeklagt wurden, Kinder vorsätzlich mit HIV infiziert zu haben.

If one-quarter to three-quarters of daughters, sisters and wives in rich countries
were dying of a preventable infection, people would demand explanations
and effective interventions based on rigorous evidence. (Gisselquist 2009)

Quelle

Links

 

MG, 01.06.2018



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