Bei der Evidenz-basierten Medizin handelt es sich um ein Werkzeug , welches den Ärzten durch Auswahl und Bewertung der verfügbaren Daten und Studienergebnisse bei Entscheidungsprozessen helfen kann. Im Vordergrund stehen hierbei vor allem die systematische und strukturierte Aufbereitung belegbarer Fakten.
Reisemedizinische Empfehlungen müssen auf einer möglichst sicheren wissenschaftlichen Grundlage stehen. Die Wirksamkeit der empfohlenen Maßnahme (Effektivität), das Verhältnis von Nutzen und Kosten (Effizienz), die kontrollierbaren und nicht-planbaren Risiken unerwünschter Wirkungen (Beispiel: im Falle falsch positiver Tests) müssen dabei geprüft werden [1]. Die kritische Hinterfragung der eigenen Praxis in der Reisemedizin ist umso nötiger, als die verfügbaren täglichen Informationen nicht leicht überschaubar sind.
In der Medizin vertieft sich das Wissen durch diagnostische und therapeutische Erkenntnisse der Krankenbehandlung und durch die Grundlagenforschung. Die Aufmerksamkeit für plötzlich auftretende Gefahrensituationen ist in der Reisemedizin durch Netzwerke der Meldung von Krankheits- oder Ausbruchsereignissen in den letzten Jahren verbessert worden. Andererseits müssen sich die Erkenntnisse in der Reisemedizin oft auf unvollständige Meldezahlen von Krankheitsereignissen bei Reisenden beziehen. Zu nicht-infektiösen Erkrankungen fehlen die Daten zum Teil völlig (Beispiel: „Häufigkeit von Barotraumen oder anderen Unfällen bei deutschen Urlaubern?“). In vielen Reiseländern liegen Daten unterschiedlicher Qualität zur Inzidenz von Infektionskrankheiten bei einheimischen Bevölkerungsgruppen vor. Diese Informationen lassen sich jedoch nicht ohne weiteres in eine Risikoeinschätzung und Vorbeugungsempfehlung für Reisende uminterpretieren. So wie sich Verhalten, Lebens- und Umweltbedingungen zwischen Reisenden und der vor Ort ansässigen Bevölkerung unterscheiden, so unterscheiden sich auch die jeweiligen Infektionsrisiken [2], [3].
Ebenso beruhen die Daten zu Schutzwirkungen prophylaktischer Maßnahmen (Beispiel: Typhus- und Choleraimpfung s.u.) oft auf Studien bei einheimischen Bevölkerungsgruppen mit relativ hohen Infektionsrisiken, deren Immunabwehr und Grad der Exposition mit Reisenden kaum vergleichbar ist. Die Lücken der Evidenz reisemedizinischer Empfehlungen sind deshalb recht groß [4]. Auch muss unterschieden werden zwischen Aussagen aufgrund von Expertenerfahrung oder medizinischer Plausibilität einerseits und Daten, die in kontrollierten wissenschaftlichen Studien gewonnen wurden, andererseits. Der Wert der Empfehlung hängt oft von dem Vertrauen in die Kompetenz, Integrität und Unabhängigkeit des Experten ab, aber auch vom Grad der Offenheit und Klarheit gegenüber den Patienten/Reisenden, auch hinsichtlich der Begrenztheit des verfügbaren Wissens.
Wir zeigen im Folgenden in sehr komprimierter Form wesentliche Aspekte der vorhandenen, aber auch der möglicherweise schwachen wissenschaftlichen Evidenz in Bereichen der Reisemedizin auf, zu denen uns bekannte Untersuchungen vorliegen. Wir sind uns bewusst, dass Evidence based Medicine in der Reisemedizin noch in den Anfängen steht und werden uns in diesem Bereich verstärkt engagieren.
Das Vorgehen in der EbM gliedert sich üblicherweise in fünf Schritte:
Fragestellung
Literaturrecherche - Nutzung der verfügbaren Datenbanken und Meldesysteme
Bewertung der Evidenz – kritische Beurteilung der relevanten Literatur
Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse
Evaluation: kritische Beurteilung des Vorgehens und ggf. Anpassung der bisherige Vorgehensweise
Eine Reihe von EbM-Literaturdiensten sind hilfreich bei der Einschätzung unklarer Sachverhalte. Es stehen evidenzbasierte Leitlinien und Meta-Analysen der Datenlage zur Verfügung. Außerdem existieren universitäre Gruppen, die sich gezielt um Integration und Weiterbildung im Bereich der evidenzbasierten Medizin kümmern.
Es existiert derzeit ein Trend zur Bildung von universitären Gruppen, die sich gezielt um die Verbesserung der Integration und Weiterbildung im Bereich der EbM kümmern.
Die Entwicklung der EbM und der Cochrane Collaboration sind eng miteinander verbunden. Durch systematische Evidenzrecherche und –bewertung, sowie zusammenfassende Aufbereitung und leichte Zugänglichkeit der Ergebnisse wird Wissenstransfer aus der klinischen Forschung in den praktischen Alltag transparenter gemacht und vereinfacht.
Ein wichtiger Schritt zur Beurteilung der Evidenz besteht in der systematischen Einordnung der vorhandenen Daten. Drei wesentliche Aspekte stehen dabei im Vordergrund: die Gültigkeit (Sind die Ergebnisse valide erhoben und korrekt dargestellt?), Größe/Präzision (Was genau sind die Ergebnisse?) sowie Übertragbarkeit/Anwendbarkeit (Sind die Ergebnisse wichtig und übertragbar?). Diese dreiteilige Struktur lässt sich auf alle patientenorientierten Studien anwenden.
Die Evidenz lässt sich nach Validitätskriterien hierarchisch ordnen. Die Klassifikation ist an Studien zu Therapie und/oder Prävention orientiert. Wichtige Kriterien sind Gewicht („strength“) und Qualität von Empfehlungen. Kriterien von EbM, die sog. „Levels of Evidence“, werden bei gleichem Grundprinzip in unterschiedlich detaillierter Form angewandt [5]. Wir beziehen uns hier aus Gründen der Übersichtlichkeit auf eine vereinfachte Definition, die sich bei reisemedizinischen Empfehlungen als nützlich erwiesen hat [6], [„SIGN“] und auf kanadischen Richtlinien beruht:
Gewicht („strength“):
Die Empfehlung wird durch gute Evidenz gestützt
Die Empfehlung wird durch mäßige Evidenz gestützt.
Die Empfehlung basiert auf schwacher Evidenz.
Gegen die Empfehlung sprechen einige ernstzunehmende Hinweise.
Gegen die Empfehlung spricht fundierte Evidenz.
Qualitätsgrade:
Evidenz belegt durch mindestens (!) eine kontrollierte, randomisierte (Kohorten1-)Studie.
Evidenz in mindestens einer gut strukturierten, nicht randomisierten Kohorten oder Fall-Kontroll-Studien (möglichst von mehr als einem Institut), standardisierter Auswertungen zahlreicher Einzelbeobachtungen, oder drastischen experimentellen Ergebnissen.
Expertenmeinung auf der Basis klinischer Erfahrung, Ergebnisse beschreibende Studien oder Experten-Konsensus(aufgrund nicht systematisch überprüfter Beobachtungen bei Patienten)
Expertenmeinung auf Basis klinischer Erfahrung, Ergebnisse beschreibende Studien oder Experten-Konsensus aufgrund nicht systematisch überprüfter Beobachtungen bei Patienten.
Erläuterungen:
Eine prospektive Studie ist in die Zukunft gerichtet im Gegensatz zu einer retrospektiven (vergangenheitsorientierten) Fall-Kontroll-Studie
Kontrolliert heißt die Studie, weil die Ergebnisse in der Studiengruppe mit denen der Kontrollgruppe ohne Intervention verglichen werden
Randomisierung bedeutet, dass die Zuordnung zu einer Behandlungsgruppe (etwa Medikament X oder Y) nach dem Zufallsprinzip erfolgt.
Reisemedizin:
Beispiele für hohe Evidenz:
Malariaprophylaxe: Insektizid-imprägnierte Moskitonetze. Wirksamkeit, Nutzen und geringes Risiko sind in randomisierten klinischen Studien gesichert [7].
Einsatz von Melatonin zur Behandlung von Jet lag bedingten Beschwerden. Da, trotz gut belegter Wirksamkeit, wenig Daten zu Nebenwirkungen und möglichen Langzeitfolgen existieren, wird es nur selten empfohlen [41].
Malariaprophylaxe mit Doxycyclin. Effektiv. Häufig Nebenwirkungen (Haut, Verdauungstrakt, vaginale Pilzinfektionen) [5].
Polysaccharid-Impfstoffe gegen Meningokokken der Serogruppe A, im ersten Jahr nach der Impfung bestand eine 95%ige Schutzwirkung. Für die folgenden Jahre liegen keine aussagekräftigen Daten vor. Auch zur Wirkung bei Kindern unter 6 Jahren gibt es nicht genügend Daten [42].
Artemeter / Lumefantrine zur Therapie der MalariaArtemisininderivate zeigten in einer Analyse von 23, z.T. kontrollierten klinischen Studien eine rasche Wirksamkeit und gute Toleranz ("... compared with quinine, artemisinine drugs showed faster parasite clearance ... and similar adverse effects...) [8]. Verlängerungen der QT-Zeit können im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden (Daten nicht eindeutig) und legen eine ärztlich kontrollierte Anwendung nahe. Studien zur Anwendung von Artemeter / Lumefantrine im Rahmen einer Selbst-Therapie bei Malariaverdacht liegen nicht vor [9].
Mefloquin-Prophylaxe, Effektivität sehr gut dokumentiert. Neben Atovaquon/Proguanil Medikament der ersten Wahl, insbesondere in Afrika. Unerwünschte Nebenwirkungen sind allerdings häufig („...>500 case reports on mefloquine adverse effects. Four fatalities attributed to mefloquine...). Beurteilung: Vorsicht in der Anwendung und individuelle Indikationsstellung sind daher notwendig [5], [10].
Beispiele für mittlere Evidenz:
Kompressionsstrümpfe zur Vorbeugung einer Reisethrombose. Die Entwicklung symptomloser, gering ausgeprägter tiefer Beinvenenthrombosen nach Langstreckenflügen ist nachgewiesen. In einem RCT zeigte sich, dass das Tragen von orthopädisch angepassten Kompressionsstrümpfen die Entwicklung asymptomatischer Thrombosen verhinderte, gleichzeitig erhöhte sich das Risiko für eine oberflächliche Thrombophlebitis [11]. Beurteilung: Weitere Studien, die dieses Risiko näher untersuchten wurden nicht gefunden. Eine signifikante Schutzwirkung von Unterschenkel-Kompressionsstrümpfen konnte auch für Reisende mit erhöhtem Thrombose- Risiko nachgewiesen werden [12].
Atovaquon + Proguanil -Prophylaxe, Atovaquon ist als Malariatherapeutikum und zur Prophylaxe wirksam [5], [13], [14], [16]. Die Verträglichkeitsprüfung im Rahmen eines RCT erbrachte ähnliche Ergebnisse wie bei Chloroquin+Proguanil [15] bei höherer Effektivität bei P. falciparum. Atovaquon+Proguanil zeigten weniger gastrointestinale Nebenwirkungen als Chloroquin+Proguanil [43]. Es existiert ein RCT im Vergleich mit Mefloquin. Hier zeigte sich eine bessere Verträglichkeit von Atovaquon bei vergleichbarer Wirksamkeit [16]. Beurteilung: Es fehlen Langzeiterfahrungen [17].
Wertung von Kosten-Nutzen prophylaktischer Maßnahmen: nachgewiesen ist ein günstiges Kosten-Nutzenverhältnis bei der medikamentösen Malariaprophylaxe. Bei Hepatitis A (Risiko 0,05% pro Reise [18]) und Typhus übersteigen die Kosten für die Prophylaxe die Kosten vermeidbarer Erkrankungen. [19], [20], [21], [31], [32].
Prophylaxe mit Chloroquin und Chloroquin + Proguanil, in RCT fand sich kein Unterschied zwischen Proguanil (P) allein und in Kombination mit Chloroquin (C). Umfangreiche Erfahrungen mit beiden Medikamenten reichen Jahrzehnte zurück, wurden aber offenbar nicht intensiv in RCT geprüft. Die Resistenzen gegen C nehmen zu und damit Bedeutung / Verkaufszahlen ab. Studien, die sich auf die Effektivität von C+P oder C allein konzentrieren sind daher nicht zu erwarten.
Malaria-Prophylaxe bei Schwangeren, Insektizidpräparierte Netze reduzieren die Inzidenz. DEET ist in der Schwangerschaft nicht unbedenklich. Chloroquin ist nebenwirkungsarm, aber für die Mehrzahl aller Risikogebiete wenig sinnvoll. Es liegen keine Hinweise für besondere Risiken bei Mefloquin vor; dennoch bestehen wie bei praktisch allen Malariamedikamenten aus Haftungsgründen deutliche Einschränkungen von Seiten des Herstellers [5]. Die Datenlage für Strategieentscheidungen zum Schutz von Frauen in Endemiegebieten ist unbefriedigend [22].
Systeme zur Trinkwasseraufbereitung, Wasseraufbereitung durch mechanische Filter und chemische Behandlung ist weniger effektiv als Abkochen, kann das Risiko der Infektionsübertragung aber unterschiedlich effizient reduzieren. Vergleichsstudien zu unterschiedlichen Systemen liegen vor [23]. Beurteilung: Im Zweifelsfall: Wasser abkochen!!
FSME-Impfung für Reisende, Ergebnis der Analyse von fünf Studien [24]: Serokonversionsraten 87%. Verhältnis Serokonversion zu Schutzwirkung nicht etabliert. Häufig mit Nebenwirkungen behaftet. Beurteilung: zurückhaltende Indikationsstellung (dies gilt eigentlich immer – Nihil nocere und nur das, was nötig ist).
Beispiele für mäßige bis geringe Evidenz:
Malariaschutz allgemein: Klimaanlagen und elektrische Ventilatoren, insektizid-besprühte Kleidung, Tragen langer-heller Kleidung, Anwendung bestimmter Repellents. Diese Maßnahmen sind nachweislich, aber unterschiedlich wirksam [5]. Ein positiver Effekt heller Kleidung bei Moskito-übertragenden Erkrankungen konnte in einzelnen Untersuchungen gezeigt werden. Die Malariainfektionsrisiken sind in jedem Fallverhaltensabhängig unterschiedlich hoch und damit für Reisende beeinflussbar. Entscheidend ist vor allem das Wissen Reisender um ein mögliches Malariavorkommen. Bei Fieber und denkbarer Malariainfektion muss ein qualifizierter Arzt aufgesucht werden. Mechanisches Befolgen von Expertenratschlägen unterschiedlicher Evidenz erfolgt oft nur kurzzeitig und ist weniger wirksam als persönlich verantwortliches Verhalten in Kenntnis der Übertragungswege [25], [26]. Die Compliance (d.h. Umsetzung der ärztlichen Empfehlung durch den Reisenden) bei medikamentöser Malariaprophylaxe ist abhängig von der Qualität der Kommunikation zwischen Reisendem und beratendem Arzt sowie von der Praktikabilität des Medikamentenregimes [27]; sie lag in einer Studie bei nur 22-30% [28], [29].
Malariaschutz durch nicht imprägnierte Moskitonetze. Imprägnierte Bettnetze sind in ihrer Schutzwirkung gegen Moskitobisse deutlich wirksamer als nicht imprägnierte. Nicht imprägnierte Moskitonetze zeigten sich jedoch in einer Studie auch geeignet, um die Malaria-Infektionsrate in Gambia um 51% zu senken [30].
Malaria: „Stand-by-Medikation“ in Gebieten relativ niedrigen Risikos, eine sogenannte "Stand-by-Medikation“ in Gebieten relativ niedrigen Risikos wird u.a. von der DTG und der AG Reisemedizin der Schweiz empfohlen ( [33], [34]). Systematische Studien und Langzeitbeobachtungen zur Anwendung durch die Reisenden selbst fehlen. Weniger als ein Prozent der Reisenden nehmen die „Stand-by-Medikation“ ein, wenn diese verschrieben wurde [35].
Pro: Die Empfehlung ist dann sinnvoll, wenn bei einer geringen Inzidenz der Malaria bei Reisenden das Erkrankungsrisiko geringer ist als das Risiko von unerwünschten Wirkungen oder Erkrankungen aufgrund der Prophylaxe. Voraussetzung ist in jedem Fall eine genaue Information durch den rezeptierenden Arzt. Der Kauf des (teuren) Medikamentes soll drastisch an das Malariavorkommen erinnern. Selbsttherapie soll nur erfolgen, wenn tatsächlich kein Arzt erreichbar ist.
Contra: Die Nebenwirkungsrisiken bei Selbstbehandlung mit therapeutischen Dosen können erheblich sein. Ggf. ist eine Malariatherapie unnötig, z.B. weil die Fieberursache viral bedingt ist. Ebenso könnte das Aufsuchen eines qualifizierten Arztes verzögert sein. Die Qualität von (häufigen) Selbstbehandlungen bei Reisenden im Ausland ist untersucht und niedrig [36].
Zur Klärung wären RCT notwendig, die jedoch wegen mangelnden Interesses möglicher Finanzgeber (soweit bekannt) nicht geplant sind.
Malaria-Prophylaxe bei Kindern: Höhere Toleranz von Mefloquin bei Kindern als bei Erwachsenen (allerdings bestehen Einschränkungen von Seiten des Herstellers bei Kindern <5kg). Keine (für eine Zulassung in Deutschland) ausreichenden Daten zur Prophylaxe mit Atovaquon+Proguanil bei Kindern <40kg. Zur Therapie ist das Medikament für Kinder ab >11 kg zugelassen. Beurteilung: Fehlen von RCT zur Malariaprophylaxe bei Kindern.
Cholera-Impfung für Reisende aus Nicht-Endemiegebieten, Ergebnis der Analyse von 25 Studien mit einer Population von 2,6 Millionen Personen in Hochendemiegebieten (d.h. Gebiete mit einem relativen Risiko von 0,49, innerhalb von 12 Monaten an Cholera zu erkranken) [37]: „Efficacy: 51%, protection two years (3-4 with annual booster) Whole cell vaccines less adverse effects than parenteral vaccine.“ RCT und deskriptive Studien bei Reisenden fehlen.
Antibiotikagabe bei Reisediarrhoe: Bericht über zwanzig Studien, 12 davon Placebo kontrolliert. [38]: Mit der Selbstbehandlung ist eine Verkürzung der Diarrhoedauer, aber auch der Inzidenz von Nebenwirkungen verbunden. Daten über erneute Diarrhoe nach Behandlungsende fehlen. Bei schwerer Diarrhoe sollte ärztlicher Rat gesucht werden. Nur wenn dies nicht möglich ist (z.B. Trekking in entlegenen Regionen), ist eine Selbstbehandlung (z.B. mit Chinolon-Antibiotika) aufgrund vorliegender Daten gerechtfertigt. Gesichert ist seit Jahrzehnten: Flüssigkeits-Elektrolytersatz mit Zucker ORS-Solution der WHO oder kommerzielle Produkte.
Beispiele für fehlende Evidenz
Malariaschutz: Insektizid-Aerosole, Rauchanwendung, belegbarer Nutzen gering. Risken nicht unerheblich [5].
Malaria Schnelltest bei Reisenden, unter Laborbedingungen sind die Tests gut evaluiert. Reisende haben jedoch erhebliche Anwendungsprobleme, die die Aussagekraft beeinflussen [39]. Für Reisende nur in Ausnahmefälle empfehlenswert, dann werden jedoch umfassende Informationen und vorheriges Training in der Durchführung des Tests nötig [40].
Leitlinien (guidelines)
Leitlinien sind systematisch erarbeitete Aussagen zur Unterstützung der Entscheidungsfindung. Durch Leitlinien soll die Transparenz medizinischer Entscheidungen gefördert werden. Trotz existierender Leitlinien ist der Arzt nicht von der Überprüfung der Anwendbarkeit auf den Einzelfall entbunden. Dies unterscheidet “Leitlinien” von “Richtlinien”.
Stufe 1 Checklisten durch Expertengruppen
Stufe 2 Konstrukte von systematischen Konsensusprozessen
Stufe 3 Leitlinien mit allen Elementen der systematischen Entwicklung (Logik/klinische Algorithmen, Konsensus, Evidence-based Medicine, Entscheidungsanalyse).
Nur Stufe 3-Leitlinien gelten als evidenzbasiert. Ein transparentes und systematisches Vorgehen ist hierbei entscheidend.
Die überwiegende Mehrheit aller Leitlinien ist derzeit als Stufe 1 klassifiziert.
Beurteilung
EbM wird einWerkzeug, das sehr gut geeignet ist, unangebrachte, riskante oder überholte Therapieverfahren auszusondern.
EbM kann im Umkehrschluss nur wertvolle Hinweise liefern, dass eine Methode oder Verfahren sinnvoll sein könnte, ohne dies aber, aus prinzipiellen Grund wissenschaftlichen Handelns, beweisen zu können
EbM wird hier verstanden als ein skeptisch, kritischer Denkansatz, der im Gegensatz steht zu nicht-überprüfbarer Meinung, Glauben oder Vermutung.
Eine nach EbM-Kriterien solide Metaanalyse kann nicht mit Wahrheit oder Sicherheit gleichgesetzt werden.
Quellen
[1]
Das Deutsche Cochrane Zentrum, Universitätsklinikum Freiburg www.cochrane.de
Ruth Lilly Medical Library www.medlib.iupui.edu
American College of Physicians, EBM-Journal www.acponline.org
Oxford Centre of Evidence-based Medicine http://cebm.jr2.ox.ac.uk/
Learning & Information Services Univ. of Herfordshire http://www.herts.ac.uk/lis/subjects/health/ebm.htm
[2] Durrheim DN, Braack L, Grobler D, Bryden H, Speare R, Leggat PA: Safety of travel in South Africa: The Kruger National Park, J Travel Med 2001, 8:176-191
[3] Waner S: Health risks of travellers in South Africa. J Travel Med 1999, 6:199-203
[5] Oxford Centre of Evidence-based Medicine, http://cebm.jr2.ox.ac.uk/
[6] Thomas RE: Preparing patients to travel abroad safely, Part 1: Taking a travel history and identifying spezial risks. Can Fam Phys, 2000, 46(1):132-8 UND: SIGN 50: A guideline developers' handbook Section 6: Forming guideline recommendations
[7] Croft A: Malaria: prevention in travellers. BMJ 2000; 321:154-160. In Deutsch: Godlee F (Hrsg): Clinical Evidence, Die besten Studien für die klinische Praxis. Croft A: Malaria-Prävention, Verlag Hans Huber, Göttingen, 2000, Seite 368-381
[8] McIntosh HM, Olliaro P: Artemisinin derivates for treating severe malaria. In: Cochrane Library, 3, 2001. Oxford: Update Software. http://www.chorane.de
[10] Croft AMJ, Garner P: Mefloquine for preventing malaria in non-immune adult travellers. Cochrane Review. In: The Cochrane Library, 3, 2001, Oxford: Update Software. http://www.chorane.de
[11] Scurr JH, Machin SJ, Bailey-King S, Mackie IJ, McDonald S, Smith PD: Frequency and prevention of symptomless deep-vein-thrombosis in long haul flights: a randomised trial. Lancet, May 2001;357(9267):1485-1489. und DeLoughery TG. Wearing elastic compression stockings during long-haul flights prevented the development of deep venous thrombosis. EBM 2001 Nov/Dec; 6:169.
[12] Belcaro G, Geroulakos G, Nicolaides AN, Myers KA, Winford M. Venous thromboembolism from air travel: the LONFLIT study. Angiology 2001 JUN;52(6):369-374.
[13] Radloff PD, Philipps J, Nkeyi M, Hutinson D, Kremser PG: Atovaquon and progunail for Plasmodium falciparum malaria, The Lancet, 1996, 347: 1511-1513
[14] Lell Bertrand , Luckner D, Ndjavé M, Scott T, Kremsner PG: Randomised placebo-controlled study of atovaquon plus proguanil for malaria prophylaxis in children, The Lancet, 1998, 351:709-712
[15] Hogh B, Clarke PD, Camus D, Nothdurft HD, Overbosch D, Gunther M, Joubert I, Kain KC, Shaw D, Roskell NS, Chulay JD; Malarone International Study Team.Atovaquone-proguanil versus chloroquine-proguanil for malaria prophylaxis in non-immune travellers: a randomised, double-blind study. Malarone International Study Team.Lancet 2000 Dec 2;356(9245):1888-94
[16] Overbusch D, Schilthuis H, Bienzle U, et al. Atovaquone- proguanil versus mefloquine for malaria prophylaxis in nonimmune travellers: results from a randomized, double-blind study. Clin Infect Dis 2001 Oct, 1;33(7):1015-1021
[17] Croft A, Geary K, Morgan L: Efficacy of atovaquone of proguanil? The Lancet, 2001, 357:1289-129
[18] Behrens RH, Collins M, Botto B, Heptonstall J: Risk for British trvellers of acquirering hepatitis B. BMJ 1995, 311:193
[19] Behrens RH, Roberts JA: Is travel prophylaxis worth while? Economic appraisal of prophylactic mesures agaist malaria, hepatitis A, and typhoid in travellers.
[20] Arnal J, Garuz R, Antronanzas F. Cost effectiveness of hepatitis A virus immunisation in Spain. Pharmacoeconomics 1997;12(3):361-373.
[21] LeGuerrier P, Pilon P, Deshaies D, Allard R. Pre-exposure rabies prophylaxis for the international traveller : a decision analysis. Vaccine 1996 Feb ;14(2):167-176.
[22] Garner P, Gülmezoglu: Prevention versus treatment for malaria in pregnant women. In: The Cochrane Library, 3, 2001. Oxford: Update Software. http://www.chorane.de
[23] Schlosser O, Robert C, Bourderioux C, Rey M, de Roubin MR: Bacterial Removal from inexpensive portable water treatment systems for travellers.
[24] Demicheli V, Graves P, Pratt M, Jefferson T: Vaccines for preventing tick-borne encephalitis. Cochrane Review. In: The cochrane Library, 3, 2001. Oxford: Update Software. http://www.chorane.de
[25] Mattila L, Siitonen A, Kyronseppa H, Simula I I, Peltola H: Risk Behavior for Travelers' Diarrhea Among Finnish Travelers. J Travel Med 1995 Jun 1;2(2):77-84
[26] Kozicki M, Steffen R, Schar M: 'Boil it, cook it, peel it or forget it': does this rule prevent travellers' diarrhoea? Int J Epidemiol 1985 Mar;14(1):169-72
[27] Lobel H, Baker M, Gras F, et al. Use of malaria prevention measures by North American and European Travellers to East Africa. J Travel Med 2001 Jul/Aug;8:167-172.
[28] Abraham Charles, Clift St, Grabowski P: Conitive predictors of adherence to malaria prophylaxis regimens on return from a malarous region: a prospective study. Social Science & Med 1999, 48:1641-1654
[29] Laver S, Wetzels J, Behrens R. Knowledge of Malaria, risk perception, and compliance with prophylaxis and personal and environmental preventive measures in travellers exiting Zimbabwe from Harare and Victoria Falls international airport. J Tavel Med 2001 Nov/Dec;8:289-303.
[30] Clarke S, Bogh C, Brown R, Pinder M Walraver G, Lindsay S. Do untreated bednets protect against malaria? Trans R Soc Trop Med Hyg 2001 Sep-Oct;95(5):457-462.
[31] Engels EA, Lau J: Vaccines for preventing typhoid fever. Cochrane Review. In: The Cochrane Library, 3, 2001, Oxford. http://www.chorane.de Engels EA, Falagas ME, Lau J, Bennish ML: Typhoid fever vaccines: a metaanalysis of studies on efficacy and toxicity. BMJ 1998, 316:110-116
[32] Cobelens FG, Kooij S, Warris-Versteegen A, Visser LG: Typhoid fever in group travellers: opportunity for studying efficacy. J Travel Med 2000, 7(1):19-24.
[33] http://www.dtg.org
[34] Malariaprophylaxe für Kurzzeitaufenthalter, Schweizer AG für Reisemed., Bundesamt für Gesundheit, April 2001
[35] Schlangenauf P, Steffen R: Stand by treatment of malaria in travellers. A Review. J Trop Med Hyg 1994; 97:151-160
[36] Ahlm C, Lundberg S, Fesse K, Wistrom J.: Health problems and self –medikation among Swedish travellers. Scand J Infect, 1994, 26(6):711-717
[37] Graves P, Deeks J. Demichelli, Pratt M, Jefferson T: Vaccines for preventing cholera. Cochrane Review. In: The Cochrane Library, 3, 2001, Oxford:Update Software. http://www.chorane.de
[38] De Bruyn G, Hahn S, Borwick A. Antibiotic treatment for travellers’ diarrhoea. Cochrane Review. In: The Cochrane Library, 3, 2001. Oxford: Update Software. http://www.chorane.de
[39] Funk M, Schlangenauf P, Tschopp A, Steffen R: ParaSight F versus MalaQuickTM (ICT) for self-diagnosis of travellers’ malaria. Trans R Soc Trop Med Hyg 1999, 93:268-272
[40] Jelinek T, Grobusch M, Nothdurft H. Use of dipstick tests for the rapid diagnosis of malaria in nonimmune travellers. J Travel Med 2000 Jul/Aug;7(4):175-179.
[41] Herxheimer A, Petrie KJ.: Melatonin for the prevention and treatment of jet lag. In: Cochrane Database of systematic reviews 4, 2002.
[42] Patel M, Lee CK: Polysaccharide vaccines for preventing serogroup A meningococcal meningitis. In: Cochranre database of systematic reviews 4, 2002.
[43] EBM-Reviews: Malaria prophylaxis with atovaquone-proguanil caused fewer gastrointestinal adverse effects than did chloroquine-proguanil. ACP Journal Club 2001, v135(1): 27.
Anhang A
SIGN-Kriterien / SIGN grading system: Levels of evidence
(1++) High quality meta analyses, systematic reviews of RCTs, or RCTs with a very low risk of bias
(1+) Well conducted meta analyses, systematic reviews of RCTs, or RCTs with a low risk of bias
(1 -)Meta analyses, systematic reviews of RCTs, or RCTs with a high risk of bias
(2++) High quality systematic reviews of case-control or cohort studies. High quality case-control or cohort studies with a very low risk of confounding, bias, or chance and a high probability that the relationship is causal
(2+)Well conducted case control or cohort studies with a low risk of confounding, bias, or chance and a moderate probability that the relationship is causal
(2 -)Case control or cohort studies with a high risk of confounding, bias, or chance and a significant risk that the relationship is not causal
(3)Non-analytic studies, e.g. case reports, case series
(4) Expert opinion
Grades of recommendation
(A) At least one meta analysis, systematic review, or RCT rated as 1++, and directly applicable to the target population; or a systematic review of RCTs or a body of evidence consisting principally of studies rated as 1+, directly applicable to the target population, and demonstrating overall consistency of results
(B)A body of evidence including studies rated as 2++, directly applicable to the target population, and demonstrating overall consistency of results; or extrapolated evidence from studies rated as 1++ or 1+
(C) A body of evidence including studies rated as 2+, directly applicable to the target population and demonstrating overall consistency of results; or extrapolated evidence from studies rated as 2++
(D)Evidence level 3 or 4; or extrapolated evidence from studies rated as 2+
Anhang B
Oxford Centre for Evidence-based Medicine Levels of Evidence (May 2001)
SR (with homogeneity) of Level >2 economic studies
2b
Individual cohort study (including low quality RCT; e.g., <80% follow-up)
Retrospective cohort study, or poor follow-up
Analysis based on clinically sensible costs or alternatives; limited review(s) of the evidence, or single studies; and including multi-way sensitivity analyses
Non-consecutive cohort study, or very limited population
Analysis based on limited alternatives or costs, poor quality estimates of data, but including sensitivity analyses incorporating clinically sensible variations.
Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench research or "first principles"
Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench research or "first principles"
Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on economic theory or "first principles"
Erläuterungen der Autoren (Phillips B et. al.). Auswahl:
By homogeneity we mean a systematic review that is free of worrisome variations (heterogeneity) in the directions and degrees of results between individual studies. Not all systematic reviews with statistically significant heterogeneity need be worrisome, and not all worrisome heterogeneity need be statistically significant. As noted above, studies displaying
By poor quality cohort study we mean one that failed to clearly define comparison groups and/or failed to measure exposures and outcomes in the same (preferably blinded), objective way in both exposed and non-exposed individuals and/or failed to identify or appropriately control known confounders and/or failed to carry out a sufficiently long and complete follow-up of patients. By poor quality case-control study we mean one that failed to clearly define comparison groups and/or failed to exposures and outcomes in the same (preferably blinded), objective way in both cases and controls and/or failed to identify or appropriately control known confounders.worrisome heterogeneity should be tagged with a "-" at the end of their designated level.
Good reference standards are independent of the test, and applied blindly or objectively to applied to all patients. Poor reference standards are haphazardly applied, but still independent of the test. Use of a non-independent reference standard (where the 'test' is included in the 'reference', or where the 'testing' affects the 'reference') implies a level 4study.vour of patients who already had the target outcome, or the measurement of outcomes
By poor quality prognostic cohort study we mean one in which sampling was biased in favour of patients who already had the target outcome, or the measurement of outcome was accomplished in <80% of study patients, or outcomes were determined in an unblinded, non-objective way, or there was no correction for confounding factors...
Grades of Recommendation
A consistent level 1 studies
B consistent level 2 or 3 studies or extrapolations from level 1 studies
Extrapolations" are where data is used in a situation which has potentially clinically important differences than the original study situation.
C level 4 studies or extrapolations from level 2 or 3 studies
D level 5 evidence or troublingly inconsistent or inconclusive studies of any level