Schistosomiasis, Bilharziose
Erreger:
Verbreitung:
Im Einzugsgebiet der folgenden Binnengewässer besteht eine besonders hohe Prävalenz:
Infektionsweg:
Freilebende Larven (Gabelschwanzzerkarien) durchdringen die intakte Haut beim Aufenthalt in zerkarienhaltigem Süßwasser (Wassertemperatur ca. 25°C). Die Larven werfen ihren Schwanz ab und es entsteht im subkutanen Gewebe ein Schistosomulum. Dieses gelangt mit dem Blutstrom in die Lunge und wandert in seiner weiteren Entwicklung in die Leber. Dort findet im Pfortadersystem die Ausreifung zum Adultwurm und die Paarung statt. Die gepaarten Egel wandern in das Venengeflecht der Blase (S. haematobium), des Mesenteriums (S. mansoni, S. japonicum, S. mekongi) oder des Rektums (S. intercalatum) ein. Dort legt das befruchtete Weibchen die Eier, die dann mit Urin oder Stuhl ausgeschieden werden, im entsprechenden Kapillarsystem ab. Aus den Eiern schlüpfen im Süßwasser die Wimperlarven (Mirazidien). Diese benötigt für ihre weitere Entwicklung bis zu den infektionsfähigen Zerkarien Süßwasserschnecken als Zwischenwirt. Für S. haematobium, S. mansoni und S. intercalatum stellt der Mensch das Reservoir dar. Bei S. japonicum können neben dem Menschen auch verschiedene Haus- und Nutztiere sowie Kleinnager als Reservoir dienen.
Inkubationszeit:
6-48 Stunden bis zum Auftreten einer Zerkariendermatitis, 2-8 Wochen bei Katayama-Fieber (akute Schistosomiasis), abhängig von der Wurmlast Jahre bis Jahrzehnte bis zum Aufttreten von klinischen Symptomen bei chronischer Schistosomiasis.
Schistosomiasis, Bilharziose
Bildquelle: BNI/BW
Symptomatik:
Sofort nach dem Eindringen der Zerkarien kommt es zu Juckreiz, auch zur Zerkariendermatitis. Nach Erstinfektion mit S. japonicum, S. mekongi, seltener bei S. mansoni, sehr selten bei S. haematobium kann es zum Auftreten eines hochfebrilen, teilweise lebensbedrohlichen Krankheitsbild kommen. Das Katayama-Fieber ist gekennzeichnet von einem raschen Fieberanstieg mit Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Husten. Hervorgerufen durch die Ablagerung von Antigen-Antikörperkomplexen kann es zu Hepatosplenomegalie, Lymphadenopathien, bisweilen auch zu einer Glomerulonephritis kommen. Nahezu alle Patienten zeigen eine ausgeprägte Eosinophilie. Die Symptomatik der chronischen Schistosomiasis wird hervorgerufen durch den zunehmenden Verschluß des Kapillarsystems durch die Schistosomeneier bzw. durch die chronische entzündliche Reaktion des Organismus auf die abgelegten Eier. Es kommt zur Bildung von Eigranulomen mit Verkalkungen und narbiger Abheilung. Dies hat eine Durchblutungsveränderung der Blase oder des Mesenterialbereichs mit entsprechender poststenotischer Druckerhöhung zur Folge. Bei Befall des Urogenitaltrakts beklagen die Patienten Schmerzen beim Wasserlassen und häufig Hämaturie. Aufgrund von Ureterdilatationen kann es gehäuft zu aufsteigenden Harnwegsinfektionen kommen. Die durch Schistosomeneier hervorgerufenen Veränderungen in der Blasenschleimhaut gelten als Präkanzerose, das Risiko für das Entstehen eines Blasenkarzinoms ist erhöht. Bei Frauen führt die Infektion mit S. haematobium in über 60% zu einer Beteiligung des Genitaltrakts. Der Befall der Eileiter führt häufig zu einem narbigen Verschluß mit einer erhöhten Neigung zu extrauterinen Schwangerschaften oder zu Infertilität. Patienten mit Darmbilharziose leiden unter abdominellen Schmerzen und intermittierenden Durchfällen. Weiterhin treten Müdigkeit und Anämie durch kleinere Blutverluste aus den von den Eigranulomen verursachten polypenartigen Schleimhautveränderungen auf. Die chronisch entzündlichen Veränderungen können als Eintrittspforte für Infektionen, u.a. Salmonellen dienen. Primär im Mesenterialvenengeflecht abgelegte Eier können mit dem Blutstrom mitgerissen werden und sich im Pfortadersystem der Leber ablagern. Hier kommt es zur Ausbildung eines präsinusoidalen Blocks mit nachfolgendem Pfortaderhochdruck, welcher zu Hepatomegalie und zur Ausbildung von Ösophagusvarizen führt. Das Leberparenchym bleibt sehr lange erhalten, so dass relevante Transaminasenveränderungen sehr spät und Störungen der Blutgerinnung und der Albuminproduktiuon fast nie auftreten. Bei Ausbildung von portosystemischen Shunts kann es zu einer ektopen Eiabsiedlung u.a. in der Lunge oder im ZNS kommen. Infektionen mit S. intercalatum können zu einer Beteiligung des Genitaltrakts und zu rektalen Blutungen führen.
Schistosomiasis, Bilharziose
Bildquelle: BNI/BW
Diagnostik:
Wichtige Hinweise ergeben sich aus der Anamnese des Patienten in Bezug auf Reisen in verdächtige Regionen, den dortigen Kontakt mit Binnengewässern sowie das Auftreten von Hauterscheinungen. Entscheidend ist der Nachweis der typischen Eier in Urin oder Stuhl (weiterhin Goldstandard der Diagnostik) oder in Schleimhautbiopsaten aus Blase oder Darm, der Einachweis gelingt frühestens nach 4-10 Wochen. Im Allgemeinen sollte die Diagnostik frühestens 8 Wochen seit dem letzten Süßwasserkontakt durchgeführt werden. Immunologische Methoden sind bei untypischen Lokalisationen einer Bilharziose von Vorteil (Nachweis spezifischer Antikörper mit ELISA). Insgesamt ist eine Schistosomen-Serologie jedoch nur begrenzt aussagekräftig, u.a. aufgrund möglicher Kreuzreaktionen. Inzwischen existieren spezifische und hochsensitive PCR-Assays, die einen Erregernachweis praktisch in jedem Stadium der Erkrankung erlauben, sich in der Routinediagnostik gegenüber dem direkten Ei-Nachweis bislang jedoch noch nicht durchsetzen konnten.
Differentialdiagnose:
Zerkariendermatitis. Allergien, Akute Schistosomiasis. Typhus abdominalis, Malaria, Brucellosen, Lymphome, Chronische Schistosomiasis: je nach Lokalisation Blasen-, Darm- und Lebererkrankungen anderer Genese
Therapie:
Praziquantel als Mittel der ersten Wahl, alternativ bei S.haematobium Metrifonat, bei S. mansoni Oxamniquin
Prophylaxe, Immunität:
In Endemiegebieten Kontakt mit kontaminiertem Süßwasser vermeiden, Behandlung infizierter Personen, Bekämpfung der Schnecken.
Weiterführende Literatur
Bilharziose [PDF]
RMZ, 01.11.2020